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Dem Karasek würde ich einen ausgeben

Der Autor und Popmusiker Sven Regener liest heute abend aus seinem Bremen-Berlin-Roman „Herr Lehmann“. Die taz befragte ihn zu Becks, der Erdbeerbrücke und den folgenden Romanen

Sven Regener hat einen Roman geschrieben, und das ist schön! Noch schöner ist, dass der Titelheld „Herr Lehmann“ wie der Autor selbst in Bremen geboren ist, sodaß das Buch zwar vordergründig das heroische Nichtstun eines Kreuzbergers im glorreichen Jahr 1989 beschreibt, dabei aber auch vollgespickt mit Bremensien ist. Da freut sich der literarisch interessierte Lokalpatriot

taz: Herr Regener, mußten Sie ihren Lesern in Berlin schon erklären, warum es bei uns eine „Erdbeerbrücke“ gibt?

Sven Regener (mit eindeutig bremischem Tonfall): Ich hab‘s schon Freunden erklärt, mit denen ich in Bremen war. Ja stimmt, die kommt auch in dem Buch vor! Wenn ich mich richtig erinnere, wurde sie so benannt, weil über sie die Bauern ihre Erdbeeren in die Stadt brachten. Das ist aber der kürzere Weg zum Oberweser-Segelverein gewesen.

Genau! Diese Bremen-Connection in ihrem Berlin-Roman ist ja sehr auffällig. Ich habe jetzt gehört, sie wollen eine Trilogie über den Herrn Lehmann schreiben, mit einem Band über die Zeit vor diesem und einem über danach. In der Vorgeschichte müßte Bremen ja dann noch mehr vorkommen.

Das ist richtig, wenn ich weiterschreibe, dann vielleicht sogar beide Bücher darüber, was vor „Herr Lehmann“ passiert. Er kommt einem ja hier schon recht fertig entgegen: Fast dreißig Jahre alt, er hat seine Macken, ist ziemlich schrullig, und es ist ja nicht uninteressant zu erfahren, wie jemand aus Bremen-Ost da hinkommt. Es ist seltsam, es gibt so viele deutsche Romane, und nie spielt einer in Bremen. Da muß einfach noch mehr gehen.

Sie haben eben gesagt „wenn“ sie weiterschreiben. Ist das bei dem großen Erfolg von „Herr Lehmann“ nicht etwas kokett?

Ja das stimmt, dieser Erfolg beflügelt einen schon ungemein. Damit hatte ja keiner gerechnet, beim Verlag nicht und ich schon gar nicht. Dass sich soviele Menschen für solch einen unglamourösen Menschen wie den Hern Lehmann interessieren, hat mich überrascht. Wobei ich selber ja auch lieber etwas über solche Menschen lese als über große Helden, die wunders was erleben.

Ist es nicht in Ihren Kreisen fast vernichtend, wenn man, wie Sie, von Helmut Karasek gelobt wird?

Wir Künstler sind ganz einfach gestrickte Leute. Wer uns lobt, den mögen wir, und wer uns verreisst, den finden wir Scheiße. Und so hab ich überhaupt kein Problem damit, dass der Karasek das Buch gut findet. Im Gegenteil, ohne ihn wäre es nicht im „Literarischen Quartett“ besprochen worden, und dann wohl auch nicht solch ein Erfolg geworden. Wenn ich den Mann mal treffe, gebe ich ihm gern einen aus.

Sie haben ja jetzt eine doppelte Karriere, denn Sie sind schon seit Jahren als Sänger und Texter der Band „Element of Crime“ erfolgreich. Ist dies nun eine grundsätzlich andere Erfahrung für Sie, oder laufen da ähnliche Mechanismen ab.

Es ist eigentlich völlig anders, Mit der Band bin ich ja nicht alleine, und die Gruppe federt vieles ab. Wenn man ganz alleine etwas macht, kann man sich hinter niemandem verstecken. Und mit dem Erfolg ist es so, dass es bei „Element of Crime“ nicht dermassen schnell passierte. Es ging der Band nie richtig schlecht, aber es dauerte 8 Jahre, bis wir es das erste Mal in die Albumcharts geschafft haben. Natürlich gibt es Überschneidungen, weil beides Kulturindustrie ist, aber ich habe ganz große Probleme damit, die beiden Sachen zu verrühren. Wenn ich jetz diese Lesung mache, und das tue ich heute abend zum zweiten Mal überhaupt, dann bin ich mir noch gar nicht klar darüber, wie das funktioniert. Ich bin nicht sicher, ob ich Lesungen überhaupt mag. Ich weiß auch gar nicht, was die Leute erwarten, denn ich selber war noch nie Kunde bei Lesungen, das ist der große Unterschied zur Musik. Ich weiß nur, dass ich da nichts vermischen will, ich will kein buntes Programm machen: kein Liedchen trällern und dann ein bisschen lesen usw. Das wird eine relativ strenge Angelegenheit.

Sagen Sie, Herr Regener, sind Sie eigentlich für das Product-Placement in ihrem Buch bezahlt worden? Es fällt ja auf, dass auf dem Buchcover ein eindeutig hanseatischrr Kronkorken zu sehen ist, und dass in dem Roman ständig Beck`s Bier getrunken wird.

Nein, schön wärs gewesen. Das Entscheidende ist dabei, dass der Herr Lehmann immer in Kneipen gearbeitet hat, wo das Bier nicht gezapft, sondern in Flaschen ausgeschenkt wurde. Deshalb der Kronkorken, und diesen haben wir genommen, weil da das Bremer Wappen drauf ist. Aber wenn ich es mir hätte bezahlen lassen, wäre ich mir vorgekommen wie die Kunsthure im Einsatz.

Das Gespräch führte Wilfried Hippen

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