: Männlich, arabisch, jung
■ An der Bremer Uni fahnden Beamte ohne Rechtsgrundlage nach terroristischen „Schläfern“ / 600 Studenten aus arabischen Ländern unter Generalverdacht / Erklärung gegen drohende Rasterfahndung
Männlich, arabisch, jung, technisch interessiert, finanziell unabhängig, mehrsprachig – IT-Spezialist oder Terrorist? Die Kriterien sind so ähnlich, dass den Landeskriminalämtern (LKAs) bei der am Montag an deutschen Universitäten gestarteten Rasterfahndung nach extremistischen „Schläfern“ jede Menge ausländische Computerexperten ins Netz gehen dürften. Seitdem drei Araber jahrelang unbescholten an der TU Hamburg-Harburg studierten, bevor sie bei den Attentaten in den USA tausende Unschuldige in den Tod geschickt haben sollen, stehen hierzulande moslemische Studierende unter Generalverdacht.
Auch der Uni Bremen droht die Rasterfahndung. Doch die wehrt sich – noch. „Der damit verbundene Pauschalverdacht gegen ethnische bzw. religiöse Gruppen ist unerträglich“, schreibt Holger Heide, Ausländerbeauftragter des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften in einer Erklärung. Das Durchstöbern der Studentenkarteien nach jungen männlichen Moslems widerspreche dem offenen Charakter einer international orientierten Universität. Rund 600 der 18.000 Studenten der Bremer Uni kommen aus arabischen Ländern. „Muslimische Studenten werden stigmatisiert. Wir müssen dem offensiv entgegentreten“, betonte Heide.
Auch der Bremer Asta ist gegen eine Vorverurteilung der Uni als potentielle Brutstätte für fundamentalistische Terroristen. „Wir wollen den Ausländerbeauftragten Heide überreden, dass er sein Papier in den Akademischen Senat einbringt“, sagt Nils Stegemann vom Asta. Stegemann: „Daten unschuldiger Studenten müssen geschützt werden“.
Derzeit gibt es in Bremen keine Rasterfahndung. Ironie der Geschichte: Mit dem Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes am 12. September – einen Tag nach den Terrorakten in den USA – ist die Grundlage für die zwangsweise Herausgabe von personenbezogenen Daten an Behörden abgeschafft worden (die taz berichtete). Nun soll das Raster in drei Wochen in der Bürgerschaft debattiert – und wieder eingeführt – werden.
Auch ohne Gesetz – die LKAs fragen trotzdem dreist nach, versuchen, zum „Schutz der Demokratie“ demokratische Spielregeln auszuhebeln. „Ein Beamter aus Niedersachsen hat nach dem 11. September hier schriftlich eine Liste aller arabischer Studenten verlangt“, erzählt Christina Vocke vom Uni-Dezernat für studentische Angelegenheiten. Vocke: „Doch wir lehnen die Herausgabe ab. Dafür fehlt derzeit in Bremen jede rechtliche Grundlage.“
Die Uni erteile nur Auskünfte bei individuellen, rechtlich begründeten, schriftlichen Anfragen. Diese Regelung werde erst geändert, wenn ein entsprechendes Gesetz vorläge, betonte Vocke.
Steht das Gesetz, wird wohl auch die Uni klein bei geben müssen. In Berlin verdonnerte das Amtsgericht Tiergarten die Humboldt Universität dazu, die Daten von 23 Studierenden aus arabischen Ländern preiszugeben. Sie hatte sich nach einem Beschluss des akademischen Senats geweigert, personenbezogene Informationen herauszugeben. Die TU Berlin erteilte schon Auskünfte über 400 Studenten.
Auch der Bundesgrenzschutz sondierte schon an der Uni Bremen. Christina Vocke: „Da haben wir darauf gedrängt, informiert zu werden, wenn ein Beamter das Gelände betritt.“ Kai Schöneberg
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