Windkraft auf Wachstumskurs

Die Branche hat Rückenwind aus Politik und Wirtschaft. Prognose: Weltweite Leistung steigt bis zum Jahr 2005 von jetzt 25.000 Megawatt auf etwa 60.000 Megawatt. Die Investitionen werden auf rund 60 Milliarden Mark geschätzt

Die Windkraftindustrie boomt weltweit. Die Gründe für das Interesse der Länder an Windkraftanlagen variieren jedoch: OECD-Länder setzen auf Windenergie, weil sie Kohlendioxidemissionen vermindern wollen. Außerdem reagiert Windenergie nicht so empfindlich auf Änderungen der Energiepreise. Mittelfristig sehen auch viele OECD-Länder in der Windenergie den wichtigsten Baustein, um auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Ganz anders bei Entwicklungs- und Schwellenländern: Sie nutzen Windenergie, weil andere Energiequellen fehlen. Aus Devisenmangel können diese Länder kaum fossilen Treibstoff auf den Weltmärkten einkaufen.

Mittlerweile bekommt die Branche kräftigen Rückenwind aus Politik und Wirtschaft für Projekte in der ganzen Welt. Sollte die Prognose der dänischen Unternehmensberatung BTM Consult in Erfüllung gehen, steigt die weltweite Leistung der Windkraftanlagen von rund 25.000 Megawatt (MW) in diesem Jahr auf etwa 60.000 MW im Jahr 2005. Die dafür notwendigen Investitionen veranschlagen die Dänen auf rund 60 Milliarden Mark. „Alle Indikatoren sprechen für diese Entwicklungen. In der Vergangenheit mussten wir die Prognosen nach oben korrigieren“, verkündet Klaus Rave, Präsident der Europäischen Windenergie-Vereinigung (Ewea), im September auf der weltweit größten Messe für Windenergie in Husum.

Auch Brüssel fördert diese Branche. Mit einer am 7. September verabschiedeten Richtlinie verpflichtet die Europäische Kommission die Mitgliedsländer, sich nationale Ziele für den künftigen Verbrauch für Strom aus erneuerbaren Energien zu setzen. Wenn die Länder das einhalten, steigt der Stromverbrauch aus erneuerbaren Energien von 14 Prozent im Jahr 1997 auf über 22 Prozent im Jahr 2010. Der Referatsleiter der Europäischen Kommission für Neue und Erneuerbare Energiequellen Karl Kellner verspricht, dass die Kommission die Erfahrungen der Mitgliedsländer einbezieht und – falls erforderlich – einen verbindlichen Vorschlag zur Harmonisierung innerhalb von vier Jahren ausarbeitet.

In Sachen Technologie und Marktanteile geben dänische und deutsche Unternehmen den Ton an. Hugo L. Schippmann, CEO der DeWind AG aus Lübeck, setzt auf Vertriebspartner vor Ort, „die das Erfolgsmodell Deutschland an anderer Stelle länderspezifisch wiederholen“. Den scheint Schippmann mit Clarke Energy Ltd. aus Liverpool gefunden zu haben. Die beiden Partner möchten in den kommenden zwei Jahren 15 Prozent des britischen Marktes für Windenergieanlagen erschließen. Noch gehört das windreiche England zu den Nachzüglern im internationalen Windgeschäft. Gesetzliche Neuregelungen sollen dem Markt jedoch einen Aufschwung geben, der sich mit dem in Deutschland und Spanien vergleichen lässt.

Die Fuhrländer AG, eine Traditionsfirma aus dem Westerwald, verfolgt im Export ein eigenes Konzept. „Wir wollen, dass unsere Kunden vor Ort Wertschöpfung schaffen“, formuliert Marketingleiter Walter Lutz die Strategie des Unternehmens. „Denn Großabnehmer können mit unserem Know-how eine eigene Lizenzanfertigung auf die Beine stellen.“ Bei Stückzahlen von etwa 50 Maschinen pro Jahr über fünf Jahre hinweg soll sich eine komplette Fertigung vor Ort lohnen. Fuhrländer erwirtschaftet schon fast 20 Prozent des Umsatzes im Ausland und erwartet auf Grund der anstehenden Projekte weitere Steigerungen.

Unternehmen, die im eigenen Land auf erfolgreiche Windkraftprojekte verweisen können, haben größere Chancen auf den Weltmärkten. Vorausgesetzt, sie können auch Windkarten erstellen, Testfelder erproben und Personal schulen. Aber den entscheidenden Erfolgsfaktor bei großen Windkraftprojekten im Ausland sieht Ewea-Präsident Rave darin, ob die jeweiligen Länder langfristige Stromabnahme-Verpflichtungen garantieren können. Das wiederum setzt rechtlich stabile Regierungen und geringe Korruptionen voraus. So übertrifft der Korruptions-Index an Wichtigkeit den Wind-Index. WERNER BRUCKNER