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Eine Party für den lieben Gott

■ In der Neustädter Zionskirche feiert jeden Sonntag eine afrikanische Gemeinde ihren Gottesdienst im „american style“. Es darf getanzt werden. Halleluja!

Samstag Abend hängt Adrian Madu zuerst eine Uhr in den Theatersaal der Evangelischen Zionsgemeinde. Die Uhr soll Pastor Udoh Udoma davon abhalten, sich von seiner eigenen Predigt hinwegtragen zu lassen. „Es ist wie bei einer Party. Manchmal vergisst du einfach die Zeit“, erklärt eine Frau. Zusammen mit Adrian und einer Gruppe junger Leute bereitet sie den Gottesdienst des „Christian Fellowship Center“ (CFC) vor.

Jeden Sonntag nach dem normalen Gottesdienst der Zionsgemeinde feiern ungefähr 60 Erwachsene und 30 Kinder im Theatersaal ihren eigenen Gottesdienst. In englischer Sprache, denn fast alle von ihnen kommen aus Nigeria. „Unsere schwarze Gemeinde“ nennen die Mitglieder der Neustädter Zionsgemeinde das CFC, das seit einem Jahr dort zu Gast ist. „Die Zionsgemeinde war die erste Kirche in Bremen, die 1988 eine afrikanische Gemeinde aufgenommen hat“, erzählt Pastor Hans-Günther Sanders.

Zur Zeit gibt es mindestens neun englischsprachige Gruppen – zum Teil nur kleine private „Hauskreise“ – die sich in einem „African Church Council“ unterstützen und beraten wollen, sagt Udoh Udoma. Er ist in Deutschland nebenberuflicher Pastor – aus Berufung. Die sei wichtiger als eine lange universitäre Ausbildung. Er wünscht sich keine rein afrikanische oder gar nigerianische Gemeinde, sondern eine internationale. Der Gottesdienst hingegen sei „american style“, sagt er.

Der Unterschied zu einem normalen Gottesdienst ist hörbar. Der Gesang des kleinen Chors wird über Lautsprecher verstärkt und von Keyboard und Schlagzeug begleitet. Raphael ist dieses Mal der Vorsänger. Er wärmt das Publikum auf. „Give me five! Halleluja!“ Er kriegt, was er verlangt. „Give me six!“ Auch das. „Ten!“ - „Halleluja!“ Das Publikum wartet nicht immer auf eine Aufforderung. Auch während der Predigt ruft immer wieder jemand „Praise the Lord“ dazwischen und bekommt ein entschiedenes „Halleluja“ von der Gemeinde zurück. Alle singen mit geübten vollen Stimmen, lassen sich vom Chor leiten, der auch mal eine Passage aus Bob Marleys „One love“ einflechtet: „Let's get together and praise the lord.“

Spätestens jetzt verlassen einige ihre Plätze, um im Gang zu tanzen. Im Unterschied zu einem gewöhnlichen Gottesdienst stehen die Gläubigen den Großteil der Zeit, bewegen sich im Rhythmus zur Musik. Drei älteren Frauen gefällt der lebhafte Gottesdienst offensichtlich sehr gut. Zusammen mit einem jungen Mädchen sind sie die einzigen Weißen. Begeistert machen sie alles mit, tanzen und klatschen, lassen sich die Hände schütteln, als die gegenseitige Segnung an der Reihe ist. Die Aufforderung an die Neuen, aufzustehen und sich vorzustellen, haben sie nicht sofort verstanden. „My name is Renate“, sagt eine in Schlangenlederschuhe und schwarzen Schlabbergewändern. Wie alle anderen wird sie jubelnd begrüßt.

Sie ist nicht das einzige neue Gesicht, die Gemeinde wächst beständig, vor allem seit sie einen festen Termin und die Adresse in der Zionsgemeinde hat. Per Handzettel werben sie um neue Mitglieder, bieten ihnen einen „sense of belonging“, ein Gefühl der Zugehörigkeit in Bremen, sagt Adrian.

Viele der Gläubigen sind jung, die meisten um die 30, deutlich mehr Männer als Frauen. Kinder und Erwachsene erscheinen in Feiertagskleidung, wenige Männer in Pullover und Jeans. Einem jungen Mann baumelt ein großes Kreuz mit Strasssteinen vor der Brust. Nicht alle sind pünktlich, zu Beginn des Gottesdienstes ist nur die Hälfte anwesend. Zwischendurch verlassen einige den Saal. Ein paar Frauen schauen immer wieder nach den Kindern, die in einem Nebenraum ihren eigenen Gottesdienst haben.

Voll gefüllt ist der Saal erst, als Pastor Udoh eine Stunde nach Beginn des Gottesdienstes seinen Auftritt hat. Er trägt einen schwarzen Rollkragenpullover unter seinem grauen Anzug, der Kopf ist kahl geschoren. Die Gemeinde hat sich warm gesungen, die Glieder gelockert und ist bereit für die Predigt. Udoma schnappt sich das Mikrofon und legt los. Sein Thema ist der Gott des Alten Testamentes, der einen überall erwischt und zur Rechenschaft zieht. Der Glaube ist die Botschaft. Die Gemeinde wird darauf eingeschworen Gottes Worten zu lauschen und diese zu verkünden – am besten noch an diesem Nachmittag.

Mit dem Mikro vor dem Mund rennt er vor der Bühne von links nach rechts, unterstreicht seine Worte mit ausladenden Handbewegungen. Er redet sich so sehr in Rage, dass er sich zwischendurch den Schweiß vom Gesicht wischen muss. Nur zwei mal findet er den Weg hinter sein Pult, blättert in der Bibel, liest kurze Passagen, um dann wieder in Aktion zu treten. Er hält sein Publikum bei der Stange, bezieht sie mit ein, indem er immer wieder fragt, ob sie wüssten, wovon er spricht. Die Kurzform dieser Frage ist ein langgezogenes ins Mikro gebrülltes „A-men?“ Einmütig und entschlossen kommt ein „Amen!“ zurück - „Ja, wir wissen, was du meinst.“

Eiken Bruhn

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