: Afghanistan ist der Anfang
Neue Luftschläge der USA und Großbritanniens gegen Afghanistan. US-Regierung: Auch andere Organisationen und Staaten könnten Ziele werden. Nordallianz plant angeblich eigene Offensive
von ERIC CHAUVISTRÈ
Die USA haben ihre gezielten Angriffe auf islamische Fundamentalisten in Afghanistan am Montag fortgesetzt. 24 Stunden nach den ersten Militärschlägen vom Sonntag wurde eine neue Angriffswelle eingeleitet, wie ein Regierungsbeamter im US-Verteidigungsministerium bestätigte. In der afghanischen Hauptstadt Kabul war erneut Flugabwehrfeuer zu hören, das diesmal aber nicht so intensiv zu sein schien wie am Vortag. Kurz darauf fiel der Strom aus. Der Radiosender der Taliban forderte die Bevölkerung auf, die Fenster zu verdunkeln und in ihren Häusern zu bleiben. Die Taliban-Miliz schoss offenbar auch Boden-Boden-Raketen ab, die vermutlich gegen Stellungen der Nordallianz nördlich von Kabul gerichtet waren. Neben Kabul kam auch die Taliban-Hochburg Kandahar erneut unter Beschuss. In der Umgebung von Kandahar sei Artilleriefeuer zu hören gewesen, berichtete der Sender CNN.
Vor der zweiten Angriffswelle haben die USA gestern den UN-Sicherheitsrat informiert, dass sie nach den Luftangriffen auf Afghanistan möglicherweise „weitere Aktionen“ auch gegen andere Länder planen. In einem Schreiben an die UNO teilte Washington mit, die USA könnten zu dem Schluss kommen, dass „unsere Selbstverteidigung weitere Aktionen gegen andere Organisationen und Staaten erfordert“.
In einem Interview mit dem US-Fernsehsender NBC hatte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zuvor offen gelassen, ob andere Länder neben Afghanistan in den Krieg einbezogen werden könnten. Er deutete jedoch an, dass langfristig nicht nur Ziele in Afghanistan angegriffen werden. Der einzige Weg, mit dem Terror fertig zu werden, sei, „die Schlacht gegen die Terroristen dorthin zu tragen, wo sich sich aufhalten“.
Der britische Außenminister Jack Straw sagte gestern in einem Interview mit der BBC, die Angriffe könnten noch wochenlang dauern. Die Einsätze in der Nacht zum Montag bezeichnete er als „erfolgreich“ und „angemessen“.
Weiterhin unklar ist, welche Art von militärischem Vorgehen die USA mit den Luftangriffen verfolgen. Rumsfeld sagte, Zweck der Angriffe sei es unter anderem, „Bedingungen herzustellen, sodass wir dauerhafte Bemühungen unternehmen können, um die Terroristen zu entwurzeln“. Dazu seien „militärische Ziele“ der Taliban und der al-Qaida angegriffen worden. In der Nacht zum Montag hatte Rumsfeld erklärt, eines der Ziele sei es, „die militärische Balance zu verändern“. Dafür sollten die offensiven Systeme der Taliban zerstört werden, „die das Vorrücken der unterschiedlichen Oppositionsgruppen behindern“. Auch wenn Rumsfeld die Nordallianz nicht ausdrücklich erwähnte, war dies offensichtlich ein Hinweis darauf, dass die USA den Sturz des Taliban-Regimes nicht durch eigene Bodentruppen, sondern durch die militärische Unterstützung oppositioneller afghanischer Milizen erreichen wollen. Die Nordallianz kündigte gestern vollmundig eine eigene Offensive an.
Dazu im Widerspruch steht die Warnung des pakistanischen Militärmachthabers Muscharraf an die afghanische Opposition, die US-Angriffe nicht zum eigenen Vorteil auzunutzen. Dies habe er auch US-Präsident George W. Bush und dem britischen Premier Tony Blair erklärt, sagte Muscharraf am Montag.
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