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Reform! Oder nix Neues?

Nach Jahren des Wartens verhandelt Karlsruhe jetzt über die Besteuerung der Renten – und plötzlich ist völlig offen ob es überhaupt eine Reform geben muss

FREIBURG taz ■ Auf diese Verhandlung hat man in Berlin lange gewartet. Seit Jahren gehen Bundestag und Bundesregierung davon aus, dass die aktuelle Regelung der Rentenbesteuerung verfassungswidrig ist. Doch statt eine öffentlich schwer zu vermittelnde Reform selbst anzupacken, wartete man auf Karlsruhe. Gestern nun fand am Bundesverfassungsgericht die mündliche Anhörung statt – und plötzlich ist gar nicht mehr sicher, ob die Richter überhaupt eine Neuregelung verlangen.

Kern des Problems ist die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Während Beamte ihre Pension voll versteuern müssen, wird bei der gesetzlichen Rente nur ein so genannter Ertragsanteil von im Regelfall 27 Prozent zur Besteuerung herangezogen. Der Ertragsanteil entspricht den Zinsen, die entstanden wären, hätte man die Beiträge der Versicherten wirklich angespart. Dank großzügiger Freibeträge greift selbst diese – teilweise – Steuerpflicht nur bei Renten von mehr als 5000 Mark. Die durchschnittliche Rentenhöhe liegt derzeit bei rund 2100 Mark. Fast alle Renten sind also steuerfrei.

Gegen diese „Ungleichbehandlung“ hatte ein ehemaliger Staatsanwalt aus Nordrhein-Westfalen geklagt. Schon zweimal –1980 und 1992 – hat das Bundesverfassungsgericht über die Rentenbesteuerung geurteilt. Beide Male erkannte es an, dass es „sachlich vertretbare Gründe“ für die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen gebe. Schließlich müssen Beamte keine Beiträge zu ihrer Altersversorgung bezahlen, während die Beiträge zur Rentenversicherung aus – teilweise – bereits versteuertem Einkommen stammen. Gleichzeitig mahnte das Gericht aber, dass die Begünstigung der Rentner inzwischen so groß sei, dass eine „Korrektur erforderlich“ wäre.

Möglicherweise ist die aktuelle Rechtslage nun doch nicht verfassungswidrig. „Wir müssen prüfen, ob wir noch an den Leitgedanken unserer bisherigen Urteile festhalten“, sagte die zuständige Richterin Lerke Osterloh gestern bei Eröffnung des Verfahrens. Im Mittelpunkt stehe die Frage, in welchem Ausmaß die Rentenbeiträge heute tatsächlich aus bereits versteuertem Einkommen bezahlt werden. Die Frage klingt zwar einfach, führte aber zu sehr unterschiedlichen Antworten der Sachverständigen –je nachdem ob und wie man den Arbeitgeberanteil in die Rechnung einbezieht. Das Gericht kann sich nun aussuchen, ob es eine große Reform anschieben will, oder lieber alles beim Alten belässt. Falls es eine Änderung verlangt, kann diese unterschiedlich ausfallen. Entweder werden die Beamten steuerlich entlastet oder die Besteuerung der Renten wird neu konzipiert. Dann würden die Rentenbeiträge ganz von der Steuer freigestellt und dafür später die Rentenauszahlung voll besteuert. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Christian Rath

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