: Mehr Jobs gesucht
Nicht die Terroranschläge, die schlappe Konjunktur ist laut BA-Präsident schuld an steigenden Arbeitslosenzahlen und sinkender Erwerbstätigkeit
NÜRNBERG ap/afp ■ Erstmals seit 1997 ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im September waren 3,743 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren zwar 45.800 weniger als im August, aber 58.200 mehr als im Vorjahresmonat. Das ist nach Ansicht des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, nicht auf die Terroranschläge in den USA zurückzuführen. Der Arbeitsmarkt leide weiter unter der schwachen Konjunktur, sagte Jagoda gestern in Nürnberg. Für 2001 rechnet er mit durchschnittlich 3,85 Millionen Arbeitslosen pro Monat.
Der übliche Herbstaufschwung fiel laut Jagoda wegen der wirtschaftlichen Schwäche geringer aus als in den letzten Jahren. Die bundesweite Arbeitslosenquote betrug im September neun Prozent. Die Arbeitslosigkeit im Westen liegt mit 2,421 Millionen zum ersten Mal seit Dezember 1997 über dem Vorjahreswert. In den alten Ländern ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum August um 24.700 gesunken. Gegenüber dem Vorjahreswert stieg sie um 39.300. In Ostdeutschland waren im vorigen Monat 1,321 Millionen ohne Arbeitsplatz. Die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern ist mit 16,9 Prozent nach wie vor mehr als doppelt so hoch wie im Westen.
Von jahreszeitlichen Einflüssen abgesehen, ist die Arbeitslosenzahl im September bundesweit um 20.000 gestiegen. Das entspricht dem durchschnittlichen Anstieg der saisonbereinigten Zahlen von Januar bis Juli um 12.000 Arbeitslose. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der Erwerbstätigen von Juli 2000 bis Juli 2001 weiter um 7.000 Beschäftigte. Danach waren in diesem Juli 38,765 Millionen Menschen in der Bundesrepublik beschäftigt.
Da sich der Arbeitsmarkt schlechter entwickelt hat als angenommen, rechnet die BA mit einem Mehrbedarf von 2,4 bis 2,7 Milliarden Mark an Bundeszuschüssen. Statt Prognosen für 2002 seien „in Zeiten großer Unsicherheit die Macher gefragt“, sagte Jagoda. Er betonte, die Folgen der Attentate für die Wirtschaft würden sich noch zeigen. Die deutsche Wirtschaft sei durch die Ereignisse in den USA nicht verunsichert, sondern reagiere zu schnell unzufrieden. „Der Wirtschaft ist oft nicht bewusst, dass Deutschland auch Verantwortung für die Weltwirtschaft trägt“, so Jagoda.
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