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„Kampagne zur Beschränkung von Freiheitsrechten“

Der grüne Bundestagsabgeordnete Werner Schulz fürchtet, dass die Sorge um die innere Sicherheit in „eine Art von Staatssicherheit“ umschlägt

taz: Herr Schulz, Bundesinnenminister Otto Schily hat ein umfangreiches „Sicherheitspakt II“ vorgelegt. Er fordert unter anderem den Fingerabdruck im Pass und eine bessere Zusammenarbeit der Geheimdienste. Wird Ihnen da nicht mulmig?

Werner Schulz: Ich habe den Eindruck, im Augenblick geraten wir an den Rand der Hysterie. Ständig werden Vorschläge gemacht, ohne dass wir wissen, woher der Wind eigentlich weht – und in welcher Windstärke. Jeder zieht seine Schubladen auf. Das ist zum Teil wenig hilfreich.

Aber von Hamburg aus sollen mutmaßliche islamische Täter die Terrorakte in den USA geplant haben. Sind da nicht Verbesserungen notwendig?

Alle Maßnahmen, die jetzt ins Gespräch gebracht werden, muss man unter zwei Gesichtspunkten prüfen: Könnten damit die Anschläge wie in den USA verhindert werden? Hätten wir damit eine vermutete Verschwörung wie in Hamburg aufdecken können? Und da muss ich klar sagen: Fast alles, was jetzt getan wird, hätte uns auch nicht geholfen. Nehmen Sie das Beispiel der Kronzeugenregelung – das ist doch kaum mehr als symbolische Politik.

Aber diese symbolische Politik wird sehr konkret vorangetrieben: Was halten Sie von Fingerabdrücken in Pässen?

Hätten wir mit den Fingerabdrücken die Täter in Hamburg von ihrem Tun abhalten können? Wohl kaum. Noch nicht einmal die DDR-Grenzpolizei hat Fingerabdrücke in den Pässen verlangt. Nein, das Mittel ist eher für kriminalistische Zwecke geeignet.

In anderen Staaten, etwa Südamerikas, sind Fingerabdrücke in Pässen nichts Ungewöhnliches.

Wir haben es hierzulande mit einer anderen Rechtskultur und Rechtstradition zu tun. 80 Millionen Staatsbürger unter einen Generalverdacht zu stellen – das geht zu weit. Ganz abgesehen von den immensen Kosten und der langen Zeit, die eine Umstellung der Pässe in Anspruch nehmen würde. Was wir wirklich brauchen, ist ein verstärkter und verbesserter Katastrophenschutz. Da herrscht ein völliger Kompetenzwirrwarr. Wir haben noch nicht einmal ein Frühwarnsystem für größere Vorfälle.

Was halten Sie von der besseren Zusammenarbeit der deutschen Dienste?

Im Prinzip ist verbesserte Koordination und Datenaustausch zu begrüßen. Ich habe aber die Befürchtung, dass die berechtigte Sorge um die Sicherheit in eine Art von Staatssicherheit umschlägt.

Wollen Sie die bundesdeutschen Geheimdienste mit der Stasi vergleichen?

Nein. Aber das Beispiel der Stasi, deren ungeheure Datenmengen von der Gauck-Behörde verwaltet werden, zeigt uns eines sehr deutlich: Je mehr Daten gesammelt werden, umso größer ist die Gefahr, dass man sie gar nicht mehr verarbeiten kann.

Die Grünen haben sich in den letzten Wochen in der innenpolitischen Debatte sehr zurückgehalten.

In außenpolitischen Belangen haben wir nicht viel Spielraum, in der Frage der innenpolitischen Sicherheit hingegen weit mehr. Ich beharre darauf: Die Bündnisgrünen wurden als Bürgerrechtspartei gegründet, gerade von denjenigen, die ihre Erfahrungen in der DDR machten. Manchmal frage ich mich angesichts all der Vorschläge für einen Einsatz der Bundeswehr, für ein Amt für Bundessicherheit: Wo leben wir denn? Während die USA eine Aktion „Dauerhafte Freiheit“ durchführen, führen bei uns einige eine Kampagne zur Einschränkung von Freiheitsrechten. INTERVIEW: SEVERIN WEILAND

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