: Überschminktes Image
■ Die Vermarktung des FC St. Pauli trägt dick auf
Worin besteht der Mythos des FC St. Pauli? Eine Frage, mit der sich der Geschäftsführer der Anfang des Jahres neu installierten Vermarktungs GmbH, Christian Toetzke, in den letzten Monaten intensiv auseinander setzen musste. Und schnell dürfte ihm dabei geschwant haben, dass er mit der Einführung seiner neuen Kampagne nicht weniger als die Quadratur des Kreises versucht, einen Spagat zwischen Kult und Kommerz.
Erstaunlich präzise formulierte der Event-Manager dann allerdings, was für ihn den FC St. Pauli ausmache: weltoffen, rebellisch, kämpferisch, selbstironisch, aber ehrlich, bodenständig und auf dem Kiez zu Hause, das seien Kicker und Fans des FC St. Pauli. Aber mit einem Relikt aus der Vergangenheit mochte sich Toetzke so gar nicht anfreunden: „Auf die Bezeichnung Armenhaus der Liga würden wir in Zukunft gerne verzichten“, sagte Toetzke bei der Vorstellung des neuen Internetauftrittes des Vereins.
Statt Selbstironie setzt er auf Selbstbewusstsein. „Die vorherige Kampagne hat unsere Schwächen in den Vordergrund gerückt, jetzt wollen wir die Stärken hervorheben.“ Ein kleiner, aber wirkungsvoller Hieb in Richtung der zuvor zuständigen Agentur Nordpol, die ihre Kampagne „Starclub“, einstellen musste, weil sich der Verein nach dem Aufstieg in Eigenregie vermarkten wollte, um Kosten zu sparen.
Ziel der neuen Vermarkter um Toetzke ist es, „sich für bereitere, vor allem jüngere Fanschichten zu öffnen“. Man wolle den FC St. Pauli in Hamburg zum Fußball-Klub Nummer eins machen – vor dem HSV wohlgemerkt. Und das alles, „ohne die Identität des Vereins zu verfälschen“. Ganz ohne Image-Korrektur wird das Unterfangen aber wohl nicht ablaufen. Was sonst ist von diesen Planungen zu halten: Kunstschnee-Spaß auf der Reeperbahn („Kiezbühl“), Beach-Soccer am Hafen („Kiebiza“) und ein eigenes St. Pauli-Modelabel in Zusammenarbeit mit einer Streetwear-Firma. Der FC St. Pauli goes Lifestyle – bleibt abzuwarten, ob die Fans den Weg zum Lila-Laune-Spaßverein mitgehen. Arndt Aschenbeck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen