: Ehrliche Diele, Uterus-Küche
Das Zuhause als persönlicher Am-wohlsten-fühl-Ort. Bühnenbildnerin Kristina Hoffmann hilft bei der Gestaltung ■ Von Sandra Wilsdorf
Wäre das winzige, braungekachelte Badeloch doch nur ein orientalischer Badesaal, hätte der dunkle Quadratflur doch nur ein bisschen mehr vom Glamour großer Abschiede und Wiedersehen und überhaupt die ganze Wohnung etwas mehr von einem Baumhaus, von Karibik oder irgendeinen anderen Feriencharakter: Wenn Wohnungen sich verändern sollen, aber die BewohnerInnen nicht wissen wie, berät Kristina Hoffmann.
Sie ist Bühnenbildnerin und entwirft außerdem große Deko für große Partys. Aber irgendwie sind ja auch Wohnungen Bühnen, nur weniger vergänglich. Immer wieder hatten Freunde sie nach Rat bei innenarchitektonischer Veränderung gefragt.
Heute gibt sie ihn auch professionell Privatpersonen und Unternehmen. Kristina Hoffmann schaut sich Zuhause und BewohnerInnen allerdings ganz genau an, bevor sie Vorschläge macht. Denn was eine Behausung zum persönlichen Am-wohlsten-fühl-Ort macht, muss authentisch sein. Wenn beispielsweise jemand Burgen liebt, versucht Kristina Hoffmann mit Hilfe von Farben und Material, den Eindruck von Stein und Moos zu schaffen. Bei einer besonders romantischen Frau hat sie auch schon mal zu schneeweißen Wänden und Goldpigmenten in den Verputzlöchern geraten.
Ihre Vorschläge sind höchstpersönlich, aber ein paar Grundsätzlichkeiten gibt es doch: Um an dem so verbreiteten wie ärgerlichen kleinen und fensterlosen Bad mit braunen Kacheln wirklich etwas zu ändern, bedarf es schon eines gewissen Aufwands. Vom Übermalen der Kacheln rät Kristina Hoffmann ab: „Das sieht man immer, und außerdem platzt die Farbe ab.“ Sie empfiehlt, sich stattdessen eine Woche Zeit zu nehmen, die Kacheln abzuschlagen und die Wände mit Latexfarbe zu streichen, „das macht den Raum gleich größer“, sagt sie. Sie rät zu „entschiedenen Farben“ und Gimmicks wie De-ckenbemalung, schriller Badewanne und einer durchdachten Beleuchtung. „Mit Licht kannst du Gefühle erzeugen“, weiß sie vom Theater. Denn auch dort schaffen Farbfolien, die man als Farben nicht wahrnimmt, Emotionen. Rot oder Gelb beispielsweise macht Gesichter weicher und dadurch schöner. Blau ist zwar eine kalte Farbe, beruhigt aber, weshalb auch in vielen Schweineställen die Tiere mit einem Hauch Bleu beleuchtet werden.
Niedrige Decken wirken übrigens höher, wenn man sie heller streicht als die Wände, und der Flur erhält mehr Gewicht, wenn beispielsweise ein grauer Rand unter der Decke seine durch Türen auseinandergerissenen Teile optisch zusammenfügt. „Das gibt dem Raum etwas Ruhe und eine eigene Wichtigkeit“, sagt Kristina Hoffmann. Der Flur sagt so: „Ich bin nicht nur zum Durchgehen da, ich bin auch bedeutend.“ Lange Flure bieten sich hingegen für optische Spielereien an: Wenn sich die Farbe an der Decke beispielsweise anders flüchtet als an den Wänden, oder wenn die Bilder einer Serie immer kleiner werden, gebe das verblüffende Effekte.
Bei Farben und Material rät die Raumveränderin unbedingt zu Sensibilität: Wenn beispielsweise der Rest der Wohnung mit alten Dielen ausgelegt ist, „die so richtig was erlebt haben“, dann sollte der neue Küchenboden keinesfalls aus Holz sein, „das beißt sich tot“. Sie rät da eher zu einem „ähnlich würdevollen, aber anderen Material“. Das kann durchaus auch Linoleum sein. Auch Farben sind ein heikles Thema: Was im Urlaub gefällt, kann hier vollkommen deplaziert wirken. Mit Orange und Terracotta ist das so eine Sache. „Flächig aufgetragen hat Terracotta etwas sehr Ehrliches und Echtes.“ Benutzt man es aber zum punktuellen Übermalen, „dann wirkt das schnell wie: Ich wäre so gerne eine echte Terracotta-Kachel.“
Und eine Küche in Magenta-rosa ist für einen das Leben als Party, aber „ich könnte darin morgens nicht frühstücken, das ist ja wie im Uterus“, sagt Kristina Hoffmann. Sie selber wohnt in einer Dachwohnung an der Palmaille. Mit Blick auf den Michel und Hängematte, farbig, aber nicht schrill. Authentisch eben.
Veränderungswillige erreichen Kristina Hoffmann unter Tel.: 0177/500 29 99.
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