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Der Islam und die Rechte der Frauen

Frauen aus orientalischen Ländern lesen ihre Tradition neu. Sie machen ihren islamistischen Gegnern den Alleinvertretungsanspruch streitig

Im Westen heißt über den Islam zu sprechen, über die Stellung der Frauen zu diskutieren. Was die Frauen hier über Generationen gegen Kirchen,Traditionen und die männlichen Interessen erkämpft haben, wird von vielen als Selbstverständlichkeit des christlichen Abendlands erklärt. Die Unterdrückung und Unfreiheit von Frauen in Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung wird unter dem abstrakten Oberbegriff Islam verhandelt. Auch bei muslimischen Fundamentalisten erscheint das Problem mit der Moderne ein Problem der Frauenfrage. Ihr Definitionsvorschlag an die Muslime heißt: Unsere Frauen, unsere Familien, unsere Gesellschaften sind anders als die in den modernen westlichen Ländern. Frauenrechte müssen und mussten überall erst erkämpft werden. Was es in diesem Prozess gibt, sind Ungleichzeitigkeiten und unterschiedliche kulturelle Begründungsmuster.

Auch in orientalischen Ländern gibt es Ansätze einer Frauenbewegung und das Engagement für die Rechte der Frauen: Das Trainingsprogramm der türkischen Organisation Women For Women’s Human Rights (WWHR) klärt beispielsweise Frauen über ihre Sexualität und über ihre Rechte auf, Psychologinnen und Gynäkologinnen wehren sich gegen die illegale, aber weit verbreitete Praxis des Jungfräulichkeitstest. In afrikanischen Ländern gibt es mehr und mehr Initiativen gegen die vorislamische Tradition der Genitalverstümmelung.

Aufklärung, Bildung, Gesundheit, Flucht vor Gewalt sind unmittelbare Bedürfnisse von Frauen, egal in welchem kulturellen Bezugssystem sie leben. Frauen aus orientalischen Ländern lesen ihre Tradition mit emanzipativem Erkenntnisinteresse neu, sie machen ihren islamistischen und konservativen Gegnern den Anspruch streitig, wahrhaft im Namen des Islam zu argumentieren. Indem sie sich in ihrer kulturellen und religiösen Tradition positionieren, entwickeln sie zugleich ein kritisches Verhältnis zu diesen Traditionen.

In Berlin gibt es in den nächsten Wochen einige Gelegenheit zum Dialog: Die Ägypterin Nawal el Saadawi ist am 27.10. im Haus der Kulturen der Welt. Die Autorin, und Psychologin hat die Arab Women’s Solidarity Association mitbegründet. Sie wurde in Ägypten für ihre Schriften und ihr Engagement mehrfach zu Gefängnis verurteilt, im Juli dieses Jahres hat sie einen Prozess wegen Blasphemie gewonnen.

Die türkische Soziologin Nilüfer Göle hat eine Studie über Motive und Selbstverständnis islamistischer Frauen in der Türkei erstellt und ist am 28.10.01 im Haus der Kulturen der Welt.

SUSANNE KAHLEFELD

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