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Zuwanderung wieder heftig umstritten

Grüne sind auch mit Schilys zweitem Gesetzentwurf unzufrieden. Innenministerium hält Kritik für Wahlkampfgetöse

BERLIN taz ■ Vieles hat sich seit dem 11. September verändert. Eines aber ist gleich geblieben: Der Streit zwischen Innenminister Otto Schily (SPD) und den Grünen um das geplante Zuwanderungsgesetz. Eine Einigung scheint im Moment sogar noch unwahrscheinlicher als vorher.

Für neue Aufregung sorgte ein zweiter, überarbeiteter Gesetzentwurf, den Schily in der vergangenen Woche ausarbeiten und koalitionsintern verteilen ließ. Den ersten Entwurf des Innenministers vom August hatten die Grünen abgelehnt, weil er zu Verschlechterungen für Flüchtlinge und Migranten führe. Jetzt hat Schily nachgelegt – doch auch mit dieser neuen Fassung sind die Grünen unzufrieden. Kein Wunder: Schilys Sprecher bestätigte gestern gegenüber der taz, dass der neue Entwurf „keine substanziellen Veränderungen“ enthalte.

Das verärgert die Grünen umso mehr, weil sich die Zuwanderungsexperten von SPD und Grünen bei langen Gesprächsrunden in den letzten Wochen durchaus näher gekommen waren. So zeichnete sich nach Angaben von Grünen-Unterhändler Cem Özdemir eine Einigung beim Umgang mit bisher geduldeten Flüchtlingen ab. „Doch von dem, was wir zwei Wochen verhandelt haben, findet sich in dem Entwurf praktisch nichts wieder“, schimpft Özdemir. Auch Fraktionschefin Kerstin Müller verlangt, dass Schily die Verhandlungsergebnisse in seinen Gesetzentwurf aufnehme. „Das war nicht der Fall“, sagte Müller. „Deshalb haben wir die Verhandlungen unterbrochen.“

Im Innenministerium erklärt man sich die Empörung der Grünen „mit den bevorstehenden Wahlen in Berlin“. Schilys Sprecher gab sich gestern zuversichtlich, „dass sich das danach wieder legen wird“. Es könnten eben „nicht alle Wunschvorstellungen aller Parteien erfüllt werden“. Das gelte für die Union genauso wie für die Wünsche des kleinen Koalitionspartners: „Das Maß der Möglichkeiten, den Grünen entgegenzukommen, ist beschränkt.“ LUKAS WALLRAFF

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