: Menschenhandel ist weltweites Geschäft
OSZE eröffnet Konferenz in Berlin. Opfer des weltweiten Menschenhandels sind hauptsächlich Frauen aus Osteuropa
BERLIN taz ■ Auf dem Preisschild steht 285 Euro, das Plastikbändchen, an dem es hängt, ist blutig durchgerissen. Das Etikett hängt als mahnendes Motiv über den Rednern der Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die gestern von Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) eröffnet wurde. „Menschenhandel ist eine verabscheuungswürdige Verletzung von Menschenrechten, aber leider sehr lukrativ“, so Fischer. Unter dem Motto „Europa gegen Menschenhandel – Verantwortung und Antworten“ wollen rund 200 Experten aus 50 Mitgliedsstaaten der OSZE noch bis heute vor allem praktische Maßnahmen gegen Menschenhandel und für einen besseren Opferschutz beraten.
Von den 1.197 Opfern, die im letzten Jahr in Deutschland polizeibekannt geworden sind, waren 1.174 Frauen. In Europa werden insgesamt mehr als 120.000 Frauen und Kinder vermutet. Mehr als 90 Prozent von ihnen stammen aus Mittel- und Osteuropa.
Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD), die die Konferenz mit eröffnete, forderte deshalb, die Täterstrukturen sowohl im Zielland als auch im Herkunftsland aufzudecken und den Opferschutz deutlich zu verbessern. Menschenhandel sei kein nationales Problem und müsse deswegen international bekämpft werden. Ursachen seien nicht nur die Perspektivlosigkeit vieler Frauen in den Ursprungsländern, sondern auch die deutliche Nachfrage in Westeuropa.
Eine Arbeitsgruppe aus Nichtregierungsorganisationen, Ländern, Bundeskriminalamt und zuständigen Bundesministerien habe hier schon deutliche Fortschritte erzielt, so Bergmann. Opfer von Menschenhandel dürfen danach nicht mehr sofort abgeschoben werden und erhalten über Zeugenschutzprogramme für die Dauer ihres Aufenthaltes eine Arbeitsgenehmigung. Arzt- und Therapiekosten können übernommen werden. In den Herkunftsländern will die Arbeitsgruppe mit Informationsmaterial die Opfer über ihre Rechte aufklären. ann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen