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Der Ost-West-Bürgermeister

Wahlen in den Bezirken: Als CDU-Generalsekretär ist Joachim Zeller fürs Polarisieren zuständig. Als Bezirksbürgermeister von Mitte geht es ihm um Integration. Doch für eine erneute Auflage eines schwarz-grünen Bündnisses in Mitte wird es eng

von UWE RADA

Als CDU-Generalsekretär ist Joachim Zeller ein richtiger Wahlkämpfer. Mit Verve zieht er gegen eine angebliche Medienkampagne gegen den CDU-Spitzenkandidaten Frank Steffel zu Felde oder fordert den Rücktritt des Senatsbaudirektors Hans Stimmann (SPD) wegen dessen Satz, man müsse eine Bombe auf die Rathauspassagen schmeißen. So einer integriert nicht, so einer polarisiert.

Als Bezirksbürgermeister des Hauptstadtbezirks Mitte dagegen hätte Zeller gerne auf einen neuerlichen Urnengang verzichtet. „Es herrscht Stillstand“, sagt er und meint damit alles, was im Fusionsbezirk Mitte seit der vergangenen Wahl vom Oktober 1999 angeschoben wurde: von der Verwaltungsreform bis zum Zusammenwachsen so unterschiedlicher politischer und kultureller Milieus wie Mitte, Tiergarten und Wedding. Im Bezirk ist Zeller alles andere als ein Parteikämpfer. Hier ist er der Ost-West-Bürgermeister, dem es vor allem um Integration geht.

Doch es hilft alles nichts. Am kommenden Sonntag wird nicht nur ein neues Abgeordnetenhaus und damit auch ein neuer Senat gewählt, sondern auch eine neue Bezirksverordnetenversammlung und ein neues Bezirksamt in Mitte. Zwar sagt Zeller selbstbewusst: „Ich gehe für das Amt des Bürgermeisters ins Rennen.“ Doch das klingt eher, als würde er sich selbst Mut machen. Eine erneute Zählgemeinschaft aus CDU und Grünen, die Zeller 1999 in den Bürgermeistersessel gehoben hat, ist mehr als fraglich. Zum einen, weil Zeller als CDU-General nolens volens polarisiert. Zum anderen, weil beide Parteien auch in Mitte nicht gerade mit Stimmenzuwächsen rechnen können.

Auf Stimmengewinne, ganz im Landestrend, kann dagegen die SPD bauen. Schließlich haben sich die Sozialdemokraten in einer Art innerparteilicher Katharsis der beiden bisherigen Bezirksfürsten entledigt. Sowohl der bisherige Sozialstadtrat Hans Nisblé (SPD-Wedding) als auch Kulturstadtrat Horst Porath (SPD-Tiergarten) wurden nicht wieder nominiert. Stattdessen ziehen die Sozialdemokraten im Hauptstadtbezirk nun mit BVV-Fraktionschef Christian Hanke aus Tiergarten sowie der Weddingerin Dagmar Hähnisch ins Rennen. Für die Grünen, die eine Zählgemeinschaft mit der SPD wegen des SPD-Filzes und der bisherigen Kandidaten ablehnten, sind nun alle Optionen offen. „Wir gehen nicht mit Schwarz-Grün in den Wahlkampf“, sagt die grüne Bezirksverordnete Uschka Thierfelder.

Joachim Zeller weiß, dass es damit eng wird. Als Wahlkämpfer sagt er, die SPD-Kandidaten seien weitgehend unbekannt. „Hähnisch kenne ich nicht und Hanke ist bislang nur durch ideologische Auftritte in der BVV aufgefallen.“ Als Vertreter eines „pragmatischen und unideologischen Politikstils“, den vor allem die Bezirksamtsmitglieder aus Alt-Mitte in den Fusionsbezirk eingebracht haben, setzt Zeller dagegen ganz auf die bewährten Kräfte: auf Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne), auf Finanzstadtrat Jens Heuer (PDS), aber auch auf den CDU-Wirtschaftsstadtrat Dirk Lamprecht aus Tiergarten. Der, so Zeller, „hat erstaunlich schnell begriffen, dass wir hier über die Parteiengrenzen hinweg Sacharbeit machen.“

Sacharbeit in Mitte, das heißt für Zeller vieles: „Neue Radwegekonzepte zum Beispiel, die Stärkung freier Träger, niedrigschwellige Angebote im Sozial- und Gesundheitsbereich.“ Anders als Friedrichshain-Kreuzberg, wo die Hälfte der freien Träger künftig nicht mehr finanziert werden sollen, weiß sich Zeller mit seinen Stadträten einig, die Finanzierung auf dem bisherigen Niveau festzuschreiben. „Wir leben hier nicht nur im Umfeld des Kanzleramtes, sondern haben auch viele soziale Brennpunkte im Bezirk.“

Einige von diesen Problemen hat Zeller erst kennengelernt, seit er ins Rathaus Tiergarten in die Turmstraße umgezogen ist. Seitdem ist der 49-Jährige mit dem schwarzen Vollbart, der für viele ohnehin in der falschen Partei ist, auch Ansprechpartner für türkische Eltern und Unternehmer. „Was ich hier gelernt habe?“ fragt Zeller. „Wie wichtig Themen der Integration und der sozialen Stabilität sind.“

Umgekehrt ist der CDU-Politiker Zeller auch davon überzeugt, dass die Tiergartener und Weddinger anders auf gelebte DDR-Biografien schauen. Das betrifft vor allem die Wohngebiete in Mitte wie die Fischerinsel und die Leipziger Straße. „Hier müssen wir weiterentwickeln statt die Stadt neu erfinden zu wollen“ sagt er, und regt sich auch als Bezirksbürgermeister über das Planwerk Innenstadt von Senatsbaudirektor Stimmann auf. Zeller weiß, dass er sich damit sowohl auf die grüne Baustadträtin Dubrau als auch PDS-Stadtrat Heuer verlassen kann.

Doch Zeller setzt nicht nur auf die Integration von Ost und West, sondern auch auf die europäische Einigung. „Berlin war schon immer eine Stadt der Zuwanderer aus Polen und Osteuropa“, weiß der gelernte Polnischübersetzer, „und das wird auch in Zukunft so sein.“ Vehement spricht Zeller vom Alexanderplatz als Tor zum Osten, plädiert gegen Einschränkungen der Freizügigkeit nach einem EU-Beitritt Polens. „200.000 Zuwanderer, warum soll das die Stadt nicht verkraften?“ fragt er. „Das ist doch auch eine Chance“. Berlin habe vielmehr zehn Jahre lang auf diesem Gebiet geschlafen.

Solche Stimmen sind selten in der CDU, solche Stimmen waren es auch, die die Grünen 1999 für Zeller stimmen ließen. Was aber, wenn die Grünen die für einen Bezirksamtposten nötigen zwölf Prozent nicht erreichen? Wenn die Grünen-Vertreter in Tiergarten und Wedding bei der Bürgermeisterwahl lieber für Hanke als für Zeller stimmen? Wenn die PDS, wie angekündigt, im Falle von Rot-Rot auf Landesebene auch auf Rot-Rot im Hauptstadtbezirk setzt?

„Falls es nicht zum Bürgermeister reicht, stehe ich auch für einen normalen Stadtratsposten zur Verfügung“, sagt Zeller. Was er nicht sagt: Noch vor einigen Wochen hatte er es vehement abgelehnt, unter einem Bezirksbürgermeister Hanke ins Bezirksamt zu ziehen. Doch die Bezirksarbeit, das wird deutlich, ist Zeller weitaus wichtiger als es sein Job als CDU-Generalsekretär vermuten lässt.

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