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Biometrik: der Reisepass als Daumenkino

Das Sicherheitspaket II des Bundesinnenministeriums könnte weit reichende Folgen habe. Der Datenaustausch wird erleichtert

BERLIN taz ■ Das Sicherheitspaket II, das vom Bundesinnenministerium erarbeitet worden ist und derzeit von Innenpolitikern der SPD und der Grünen unter die Lupe genommen wird, hat es in sich. Zwar ist noch keine endgültige Entscheidung darüber gefallen, was am Ende dem Kabinett zur Abstimmung vorgelegt wird. Doch im Kern sind die schriftlich fixierten Ideen, die der taz vorliegen, schärfer als das, was in notgedrungen allgemeiner Form öffentlich diskutiert wird.

So enthalten die Bestimmungen zur neuen Identitätsfeststellung (siehe auch taz vom 15. 10.) das Stichwort „biometrische Informationen“. Darunter sollen nicht nur Fingerabdrücke, sondern auch Profile der Handflächen (die so genannte Handgeometrie) und des Gesichts fallen. Im Entwurf wird nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Informationen gespeichert werden könnten. Art und Umfang der neuen Daten soll der Bundesinnenminister in einer Rechtsverordnung festlegen können. Biometrische Informationen werden bislang nur von privaten Betreibern genutzt – so von Firmen für Mitarbeiterausweise odervon Videotheken für Chipkarten.

Geldströme prüfen

Wichtiges Standbein des neuen Sicherheitspaketes sind die zahlreichen Kompetenzerweiterungen für den Verfassungsschutz. Ergänzend soll das Bundesamt nunmehr die Beobachtung bei Bestrebungen übernehmen, die sich gegen „den Gedanken der Völkerverständigung“ und gegen das „friedliche Zusammenleben der Völker“ richten. Auch sollen die Ausländerbehörden künftig „Anhaltspunkte“ für extremistische Bestrebungen bei Ausländern und Asylbewerben an den Verfassungsschutz melden.

Ein neues Tätigkeitsfeld für den Verfassungschutz sind die Banken. Sie sollen zur Erforschung der Geldströme „terrorismusverdächtiger Organisationen“ einer „Auskunftspflicht“ unterliegen. Eine wichtige Rolle wird dem Ausländerzentralregister (AZR) zufallen. Hier soll eine gesonderte Visadatei geschaffen werden – über Erteilungen und Versagungen von Visa. Vor der Zustimmung zu einem Visum soll die Ausländerbehörde „gegebenenfalls“ eine Überprüfung der „Bezugspersonen“ im Inland und des „Zwecks des Aufenthaltes“ vornehmen; laden Veranstalter ein, sind über diese Erkundigungen einzuholen.

Erweitert wird auch der AZR-Zugriff für Polizei-, Ausländer- und Sozialbehörden. Insbesondere sollen im AZR jene Antragsteller gespeichert werden, die bei der Beantragung eines Visums „ge- oder verfälschte Dokumente vorlegen“. Des weiteren will man künftig das Personenbild bei der Visaerteilung speichern – digital.

Verändert wird dasAsylverfahrensgesetz: so für eine künftige „Erhebung einer Sprachanalyse zur Klärung der Herkunftsregion“. Lichtbilder und Sprachanalysen sollen mindestens zehn Jahre „ab Unanfechtbarkeit“ einer Entscheidung durch das Bundesamt für die Anerkennung von ausländischen Flüchtlinge (BAFl) aufbewahrt und den Sicherheitsbehörden zugänglich gemacht werden. Vorgeschlagen wird, in der AZR-Datei die Religionszugehörigkeit zu speichern. Zudem soll die Polizei schon zur Abwehr „abstrakter Gefahren“ online auf die im AZR gespeicherten Daten zum Aufenthaltsstatus und zum Asylverfahren zurückgreifen dürfen.

Verbessert wird die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste. Geprüft werden soll laut Vorlage, inwiefern „Informationsboards“ von BKA, Bundesamt für Verfassungsschutz und BND „aufgebaut“ werden könnten. Dem BKA will das Ministerium so genannte „Initiativermittlungen“ zugestehen, um „bestehende Anhaltspunkte zu verdichten“, die einen Anfangsverdacht erhärten.

Handydaten speichern

In der Pflicht könnten bald Telekommunikationsbetreiber stehen: Zur Rückverfolgung „digitaler Täterspuren in Datennetzen“ wird die Einführung einer „mindestens sechsmonatigen Verpflichtung zur Speicherung von Verbindungs- und Nutzungsdaten“ vorgeschlagen.

Der bereits im Sicherheitspaket I vorgesehene Entzug des Religionsprivilegs soll durch Verschärfungen im Vereins- und Ausländergesetz ergänzt werden. Ausländervereine, die „gewalttätige oder terroristische Organisationen z. B. durch Spenden, durch Rekrutierung von Kämpfern oder auf sonstige Weise unterstützen“, sollen verboten werden können. Dies gilt jedoch nicht für Vereine von EU-Bürgern. SEVERIN WEILAND

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