berliner szenen
: Mongolisch jodeln

Bungalowbotschaften

Wir sind wieder auf Wohnungssuche. Weil große Wohnungen kaum mehr billig zu kriegen sind, war ich neulich glücklich, 160 qm für 1.600 Mark inseriert zu sehen. Und noch dazu die Lage! In der Esplanade bin ich oft spazieren gegangen, das ist eine Straße zwischen Prenzlauer Berg und Pankow, die in Kleingartenkolonien mündet, rechts Wohnblocks, links graue, würfelförmige Häuser, in denen zu DDR-Zeiten Botschaften beherbergt waren: die von Ghana und dem Jemen zum Beispiel. Diese uniformen Bungalows lehnen sich ans Bauhaus an, sind lichtdurchflutet, haben einen Riesengarten, erfüllen aber nur ein Minimum an Repräsentation, so dass die Länder, die es sich leisten konnten, weggezogen sind. So gehört einer davon jetzt meiner eventuellen zukünftigen Vermieterin. Eigentlich lehrt sie Psychologie an der Uni, hat aber kürzlich geerbt. Jetzt renoviert sie das Nötigste, vermietet zwei Superwohnungen und wohnt mietfrei in der dritten. Sie erzählt uns, sie wolle in den 30 mal 30 Meter großen Garten einen 10 mal 10 Meter großen Teich setzen.

Wir beginnen zu zögern. „Mein Hund hat Höhenangst“, sagt sie, „deshalb muss ich Parterre wohnen.“ Der Blick, den wir wechseln, sagt: „Wäre eh für uns unbezahlbar.“ Wir verabschieden uns und gehen die Gegend angucken. Hinter der Esplanade stehen mehr Botschaften. Ein paar sind noch in Betrieb. An die Tür der Botschaft der Mongolei klopfen erfolglos drei mongolisch aussehende Leute. Als wir weitergehen, fällt uns ein altbayrisches Restaurant auf. Wir gehen rein, nur an einem Tisch sitzen drei sehr füllige Leute, die auch Mongolen sein könnten. Das spornt uns an, und wir bestellen Weißwürste. Hinten jodelt was, und ich trinke mein erstes Oktoberfest-Bier. SUSANNE MESSMER