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Pentagon beglückt Rüstungsfirma

US-Konzern LockheedMartin bekommt Zuschlag für Bau des neuen Kampfflugzeugs „Joint Strike Fighter“. Das Volumen des Auftrags könnte sich auf mehrere hundert Milliarden Dollar summieren. Konkurrent Boing guckt dagegen in die Röhre

von ANDREAS LAUTZ

200 Milliarden Dollar – der größte Rüstungsauftrag der Geschichte geht an den amerikanischen Rüstungskonzern und Flugzeughersteller LockheedMartin. Das texanische Unternehmen werde den neuen „Joint Strike Fighter“ in drei verschiedenen Versionen für Luftwaffe, Marine und Marine-Infantrie bauen, teilte das US-Verteidigungsministerium am Freitag in Washington mit. Der Vertrag mit einem Volumen von zunächst knapp 19 Milliarden Dollar könne auf mehr als 200 Milliarden Dollar anwachsen, sagte der stellvertretende Staatssekretär Pete Aldridge. Ein „wundervoller Tag, der den Kurs für die nächsten 30 bis 40 Jahre vorgibt“, schwärmte LockheedMartin-Chef Vance Coffman.

Der „Joint Strike Fighter“ (JSF) ist ein neuartiges Hightech-Kampfflugzeug, das nach einer achtjährigen Entwicklungsphase mehrere Jahrzehnte lang für alle drei Waffengattungen der US-Streitkräfte produziert werden soll. Er wird den ebenfalls von LockheedMartin produzierten F-16 ablösen, den weltweit bislang am häufigsten verkauften Kampfjet. 2.852 Maschinen des neuen Jets will allein das Pentagon ordern, weitere 150 Flugzeuge wollen die Briten erwerben. Der Kaufpreis insgesamt: rund 200 Milliarden Dollar. Das Auftragsvolumen könnte jedoch noch auf bis zu 500 Milliarden Dollar anschwellen. In den nächsten Jahrzehnten wollen die USA nämlich noch einmal 3.000 Maschinen an verbündete Nationen verkaufen.

Neben LockheedMartin hatte sich auch Boeing um diesen gigantischen Auftrag beworben. Angesichts der Krise in der zivilen Luftfahrt und der geplanten Entlassung von 30.000 Mitarbeitern hätte Boeing-Chef Phil Condit den Zuschlag gut gebrauchen können. Stattdessen blieb ihm nach der Entscheidung des Verteidigungsministeriums nichts anderes übrig, als die Mitarbeit seines Unternehmens anzubieten. Außerdem kündigte er an, dass der Umsatz des Konzerns wegen der Niederlage allein im laufenden Geschäftsjahr um eine Milliarde Dollar zurückgehen werde.

Der Zuschlag für LockheedMartin könnte die amerikanische Rüstungsinstrie einschneidend verändern. Branchenkenner erwarten jetzt, dass Boeing in zehn Jahren keine Kampfflugzeuge mehr bauen wird. LockheedMartin rückt dagegen vor. In der Vergangenheit favorisierte das US-Verteidigungsministerium meist enge Kooperationen der beiden Unternehmen, etwa bei dem Bau des neuen Tarnkappenbombers F-22. Auch hier liegt die Führung beiLockheedMartin.

Das Unternehmen ist mit einem Umsatz von 26 Milliarden Dollar der zweitgrößte Luft- und Raumfahrtkonzern in den Vereinigten Staaten. Wie Boeing ist er extrem abhängig von staatlichen Rüstungsaufträgen. Allein im vergangenen Jahr überwies das Pentagon dem Konzern 17,5 Milliarden Dollar. Mit dem Bau des neuen Kampffliegers wird der Konzern in Texas in den nächsten vierzig Jahren nach ersten Schätzungen 32.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Bislang beschäftigt das Unternehmen dort 11.000 Angestellte.

Auch die britische Rüstungsindustrie wird von dem Auftrag profitieren. Schon heute ist der Konzern BA Systems, der früher als British Aerospace firmierte, der fünftgrößte Lieferant des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Der mögliche Beitrag zu dem JSF-Auftrag dürfte zwischen zehn und zwanzig Prozent liegen und Flugelektronik, Radarsysteme sowie die Bereitstellung von Bordwaffensystemen umfassen. Nach Angaben des Konzerns können damit in Großbritannien mindestens 6.000 Arbeitsplätze auf Dauer gesichert werden; 5.000 im Konzern und weitere 1.000 bei Zulieferern.

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