: Nach der Ini ist vor der Ini
AnwohnerInnen wieder aktiv: Auf der Stresemannstraße sollen die Busspuren und Tempo 30 bleiben. Bürgerbegehren geplant ■ von Gernot Knödler
Die AnwohnerInnen-Initiative Stresemannstraße hat eigenen Angaben zufolge schon an den ersten beiden Wochenenden fast tausend Unterschriften gegen die verkehrspolitische Rolle rückwärts vor ihrer Haustür gesammelt. Viele Mitglieder der Initiative waren bereits vor zehn Jahren dabei, als es darum ging, Tempo 30 und Busspuren auf der Hauptverkehrsstraße durchzusetzen. Mit einem Bürgerbegehren, für das sie in Altona 6000 Unterschriften benötigen, wollen sie verhindern, dass Schwarz-Schill dies rückgängig macht.
Sigrid Lemke, eine der Vertrauensfrauen des Bürgerbegehrens, fühlte sich etwas „merkwürdig, als ich jetzt in den alten Transparenten wühlte“. Damals habe sie nicht geglaubt, den eben durchgestandenen Kampf noch einmal führen zu müssen, erinnert sie sich.
Vor gut zehn Jahren, am 27. September 1991, hatte ein Lastwagen auf der Kreuzung Juliusstraße ein neunjähriges Mädchen totgefahren. Ihr Tod löste eine Protestwelle aus: Zwei Wochen lang blockierten die Leute aus dem Viertel jeden Nachmittag die Unglückskreuzung. Schließlich lenkten Senat und Bürgerschaft ein.
Doch die Stresemannstraße blieb in der Diskussion. 1993 schlug Bausenator Eugen Wagner (SPD) vor, die Busspur abzuschaffen, um dafür die Fahrbahn und die Gehsteige zu verbreitern, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Denn das Leben der AnwohnerInnen hat sich verbessert: Der Kraftfahrzeugverkehr sank nach Auskunft der Baubehörde zwischen 1990 und 1992 von 42.000 auf 28.000 Fahrzeuge täglich (minus 14.000). Statt 4300 donnerten nur noch 3700 Laster durch die Wohnstraße. Im Gegenzug nahm der Verkehr auf den Ausweich-strecken Fruchtallee und Holstenstraße um 10.000 Wagen zu.
Nach Berechnungen des Lärmforschers Christian Popp müsste der Lärm, der an den Häusern ankommt, zwischen 1991 und 1993 um fünf bis sieben Dezibel (dB(A)) zurückgegangen sein. Zehn Dezibel werden als Verdoppelung des Lärms empfunden. Eine Rechnung der Umweltbehörde, die allerdings von den Verhältnissen in der engen Straßenschlucht absah, ergab eine Verringerung um 2,6 Dezibel.
Die Belastung der Luft mit den verkehrstypischen Stickoxiden und Kohlendioxid ist begleitenden Untersuchungen der Umweltbehörde zufolge durch Tempo 30, die Verringerung des Verkehrs und die Bündelung der PKW auf den beiden mittleren Fahrbahnen um die Hälfte zurückgegangen. Der Messcontainer steht auf dem Gehsteig.
Für Sigrid Lemke schließlich ist die „Beruhigung“ der Stresemannstraße „von allem, was ich politisch gemacht habe, das Sichtbarste“, das sie sich nicht „von irgendwelchen Autobesessenen kaputtmachen“ lassen will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen