: Zuschuss per Schachzug
■ Gebäude-Überschreibung: Eine Million mehr für Focke- und Übersee-Museum?
Die öffentliche Verwaltung will schlanker werden und ein Mittel zum Abspecken ist, staatliche Einrichtungen in neue, eigenständigere Rechtsformen zu überführen. Ein Beispiel für eine solche „neue“ Rechtsform ist die „Stiftung öffentlichen Rechts“. Diese stattet eine Einrichtung mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit und einer eigenen Vermögensmasse aus, gleichzeitig kommt die öffentliche Hand weiterhin für die benötigten Fördermittel auf. Die Idee dabei ist, dass selbständig kalkulierende Einrichtungen die staatlichen Fördermittel effektiver einsetzen können, weil sie schließlich ihre Strukturen selbst am besten kennen.
Seit dem 1. Januar 2000 sind das Focke- und das Übersee-Museum solche „Stiftungen öffentlichen Rechts“. Allerdings ist die Transformation in diese Rechtsform in beiden Fällen noch nicht allzu weit fortgeschritten: Bislang wurde keiner der beiden Stiftungen das Eigentum an den Immobilien Focke-Museum und Übersee-Museum übertragen. Ein Grund dafür sind die Abschreibungen, die an den Besitz der Immobilien geknüpft sind: Sowohl die Immobilie Focke-Museum als auch die Immobilie Übersee-Museum verlieren jedes Jahr an Wert, eine Summe, die mit jeweils 500.000 bis 600.000 Mark veranschlagt ist. Würde nun das Eigentum an den Immobilien auf die Stiftungen übertragen, so müsste dieser Wertverlust durch den Senat ausgeglichen werden. Das heißt: Der Senat müsste jährlich insgesamt rund einer Million Mark zusätzlich an die beiden Museen zahlen.
Trotzdem sei man in der Kultur- Deputation grundsätzlich bereit, diesen Schritt zu tun, so SPD-Abgeordnete Carmen Emigholz gegenüber der taz. Allerdings müsse gewährleistet sein, dass nicht das finanziell chronisch unterfütterte Kulturressort für die Folgekosten aufkommen muss, sondern dass das Geld vom Finanzressort zur Verfügung gestellt wird. Ob das klappt, wird sich bei der nächsten Sitzung der Kultur-Deputation am 2. November herausstellen.
Emigholz ist zuversichtlich, dass mit dem Finanzressort eine Einigung hergestellt wird, und auch der Sprecher des Finanzressorts Luft bestätigt: „Es ist wohl klar, dass die Mittel zur Verfügung stehen.“ Damit wäre – über den Umweg der Abschreibungen für Immobilien – eine Erhöhung der Zuschüsse für das Focke- und das Übersee-Museum erreicht, und zwar aus dem Topf des Finanzressorts. Kein schlechter Schachzug.
Das Übersee- und das Focke-Museum dürften sich freuen, wenngleich die zusätzlichen Gelder gebunden wären an Gebäudeinvestitionen. Außerdem versprechen sich die Museen von der Eigentumsübertragung eine Erhöhung ihrer Flexibilität, vor allem hinsichtlich der Möglichkeit, die Immobilien zu beleihen. Letzteres ist allerdings nicht ganz unproblematisch: Eine Hypothek aufzunehmen könnte den Stiftungsräten leichter fallen, als diese auch wieder zurückzuzahlen. Und dann wäre die Kulturverwaltung nicht schlanker geworden, sondern nur ein wenig wendiger in der Königsdisziplin der Kulturpolitik: Durchwurschteln. Klaus Irler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen