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Grüne: Senator Hattig soll zurücktreten

■ Fraktionsvorsitzende: „Das Maß ist voll“ / Sondersitzung binnen zwei Wochen

Die Grünen fordern den Rücktritt von Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU). Sie werden ein Miss-trauensvotum in die Bürgerschaft einbringen. Das erklärte gestern die grüne Fraktionsspitze. Als „zentralen Grund“ nannte Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert, Josef Hattig habe „wiederholt und nachweisbar das Parlament nicht informiert“, mehr noch: Er habe es „vorsätzlich getäuscht.“ Die Grünen beziehen sich auf die Sitzung der Wirtschaftsförderausschüsse am 18. Oktober, als der Vertreter des Wirtschaftsressorts auf Nachfrage der Parlamentarier zur Situation des Musicals „Hair“ vermeldet hatte, ihm seien keinerlei Probleme bekannt. Tatsächlich aber lag dem Ressort längst der vom 4. Oktober datierte Brief des Musical-Betreibers Klaus-Peter Schulenberg vor, in dem dieser Landesgeld für Marketingzwecke einfordert. „Das Musical steckt in Schwierigkeiten“, nur so sei dieser Brief zu interpretieren, doch den ParlamentarierInnen sei das verschwiegen worden. „Hattig hat wissentlich in Kauf genommen, dass das Parlament über das Ausmaß der Krise im Unklaren gelassen wird“, so die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Helga Trüpel. „Was viel schlimmer ist: Der Senat hat die Öffentlichkeit getäuscht.“ Damit müsse nun Schluss sein, fordern die Grünen: „Für uns ist das Maß voll.“ Hattigs Ressort sei „nur die Speerspitze“, wetterte Linnert, „wir werden vom Gesamtsenat hinters Licht geführt.“

Die Grünen wollen nun, dass in einer Sondersitzung binnen 14 Tagen über Hattigs Schicksal beraten wird – die reguläre Bürgerschaftssitzung Ende November sei dafür zu spät. Sowohl die Behandlung des Misstrauensantrags als auch die Einberufung einer Sondersitzung des Parlaments müssen laut Landesverfassung ein Viertel der Bürgerschaftsabgeordneten befürworten – weil die Grünen aber nicht über genügend Stimmen verfügen, sieht die Koalitionsvereinbarung vor, dass der Opposition mit Stimmen aus der Koalition über diese formale Hürde geholfen wird.

Die Einberufung eines Untersuchungsausschusses „behalten wir uns vor“, so Karoline Linnert gestern, erst wolle man alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen.

Inzwischen hat sich nach der SPD-Fraktion auch der Landesvorstand der Partei gegen zusätzliche Subventionierungen ausgesprochen. Das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Bürgermeister Henning Scherf, Schulenberg, Wirtschaftssenator Hattig und Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) über die Zukunft von „Hair“ am gestrigen Nachmittag war bei Redaktionsschluss noch offen. sgi

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