: Halbe Sachen
■ Zunehmende Kritik an geplanter Zersplitterung des Amtes für Jugend
Die vom neuen Senat geplante Aufteilung des Amtes für Jugend stößt bei Verbänden der Jugendhilfe auf Kritik. Dies sei „fachlich absolut kontraproduktiv“, sagt Elimar Sturmhoebel vom alternativen Wohlfahrtverband „Soal“. Es wäre „im Sinne der Jugendarbeit“ sinnvoll, nur ein Jugendamt zu haben, sagt auch Sabine Kohlhof vom „Verband für offene Kinder- und Jugendarbeit“.
Wie berichtet, soll das bisher an die Schulbehörde angeliederte Amt, das sowohl für Kindergärten als auch für offene Jugendarbeit, Heime und die so genannten „Hilfen zur Erziehung“ (HZE), zuständig ist, künftig unter Schulsenator Rudolf Lange und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram aufgeteilt werden. Die CDU-Politikerin soll den Bereich „Familienförderung und angrenzende Gebiete“ erhalten, der Ex-Admiral der FDP den Rest.
Unter allen Beteiligten herrscht nun große Irritation, wie obige Formulierung zu verstehen ist. Nach taz-Informationen ist zur Zeit noch offen, welchen Behörden die einzelnen Referate zugeschlagen werden. „Es gibt da noch Diskussionsbedarf“, sagt auch CDU-Fraktionssprecher Hein von Schassen.
In Fachkreisen hingegen ist man besorgt, dass aus übergeordnetem Machtinteresse ein Amt zerschlagen wird. Denn in der vergangenen Legislaturperiode waren Jugendpolitiker aller Parteien darum bemüht, die einzelenen Angebote der Jugendhilfe stärker zu vernetzen und statt isolierter Einzelfallhilfen mehr niedrigschwellige Angebote für Kinder und Familien in den Stadtteilen zu schaffen. Unter dem Stichwort „Entsäulung“ sollten HZE und offene Arbeit, zwei Bereiche, die bisher wie starre Säulen nebeneinander her existierten, wieder verient werden. Erstes Ergebnis dieser Bemühungen waren die so genannten „Schnittstellenprojekte“, die erst im April in allen Bezirken ins Leben gerufen wurden, um neue Formen der Zusammenarbeit zu schaffen.
„Es ist dringend geboten, die Versäulung weiter aufzuheben“, sagt Sturmhoebel. „Denkbar wäre zum Beispiel, Erziehungshilfe bei einer Kita anzusiedeln“. Gerade in sozialen Brennpunkten wären Erzieherinnen mit der Elternarbeit oft überfordert. „Die Planung gemeinsamer Projekte wird schwieriger, wenn künftig zwei Behörden zuständig sind“, sagt auch Sabine Kohlhof. In den Bezirken sei man zudem mit der Zusammenlegung der Jugendämter und der Sozialen Dienste, „gerade den umgekehrten Weg gegangen“.
„Wenn es dazu kommen sollte, dass HZE und offene Arbeit getrennt würde, wird es schwieriger über Entsäulung zu reden“, sagt auch der Wandsbeker CDU-Jugendpolitiker Thorsten Kausch. Er bleibt aber Optimist: „Man kann sich eine Entsäulung auch über Fachbehörden hinweg vorstellen.“
Kaija Kutter
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