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Wir wollen einen Aldi-Markt

■ Ein Pilotprojekt für mehr politische Bürgerbeteiligung ist jetzt in Horn-Lehe gestartet. Per Mausklick sollen BürgerInnen über ihre Angelegenheiten fünf Wochen mitreden dürfen

Was fehlt in meinem Stadtteil? Wo wünsche ich mir Veränderungen? Gibt es genug Papierkörbe in Horn-Lehe? Für alle, die gerne mitreden hat sich das Ortsamt etwas einfallen lassen. HornerInnen können jetzt über das Internet im „Forum Horn-Lehe“ diskutieren.

„Früher wurden Veränderungen ohne die Bürger geplant“, bedauert Ortsamtsleiter Ulrich Mix. „Menschen aus dem Stadtteil konnten sich hinterher nur noch beschweren“. Damit sei jetzt Schluss. Online will er heute zuerst den Bürger fragen. „Dann nehmen wir die Anregungen auf und diskutieren sie im Beirat. Geplant wird als Letztes“.

Das Pilotprojekt läuft seit gut einer von insgesamt fünf Wochen. Die Meinung zu Lärm und Verkehrsproblemen ist ebenso gefragt wie zu Bildung und Sicherheit. Ein Team von BürgerInnen sorgt für sinnvolle Diskussion. “Moderation ist nötig, damit wir Beiträge bündeln und Diskussionen vermeiden können, die unter die Gürtellinie gehen“, betont Mix. Das gelte aber nur für Themenvorschläge. Die Kommentare würden nur zensiert, wenn ihre Inhalte strafbar oder sexistisch wären.

Neben Ortsamt und Beirat sind am Internetforum auch das Amt für Stadtplanung, die Universität Bremen und das Public Voice Lab beteiligt. Public Voice Lab ist ein Verein aus Wien, der die Internetplattform für Horn-Lehe entwickelt hat. Das Projekt findet im Rahmen einer E.U.-Initiative statt. Auch in Antwerpen, Bologna und Wien werden Pilotseiten gestartet.

Hilmar Westholm von der Universität hatte schon im Mai dieses Jahres in Horn eine Meinungsumfrage via Internet organisiert. „Damals äußerten sich überraschend viele online zur Verkehrsberuhigung“, erzählt der Informatikexperte. Deshalb hofft er auch jetzt auf hohe Beteiligung.

Mitreden darf übrigens jeder. Einloggen ist anonym genauso möglich, wie unter Angabe von Fantasienamen oder dem richtigen Namen. Ob sich das Interessierte von außen zu Nutze machen, um sich ins politische Geschehen einzumischen, kann Ulrich Mix noch nicht abschätzen. „Es könnte passieren, dass Leute Stimmung für oder gegen eine Sache machen“ glaubt Mix. Trotz dieser Gefahr sei man durch das Forum näher am Bürger. „Im Internet beteiligen sich doch mehr Menschen, als die 50, die mal auf einer Beiratssitzung erscheinen“. Bei der Umfrage im Mai habe zudem es keine Indizien für einen Missbrauch gegeben.

Noch vier Wochen bietet das Forum Raum für Interessierte, eigene Anregungen und Wünsche für das Stadtteilleben an die Politiker zu tragen. Ab 1. Dezember werden die Daten ausgewertet, und fließen in die Beratungen der politischen Gremien ein.

„Wir wollen die Seiten gern langfristig weiterführen“, sagt Mix. Die Finanzierung durch die EU ist aber nur fünf Wochen bewilligt. Bei hoher Nachfrage käme er natürlich leichter an Geld. Bis jetzt schauten rund 800 Mitreder auf die Seiten. Die HornerInnen wünschen sich einen Aldi-Markt, beleuchtete Straßen am Altenheim und Parkverbot und den Straßen des Hollergrundes. Einer Bürgerin fehlt in Horn eine „Drogerie, gehobeneren Anspruchs mit dem Niveau über Schlecker“, auch eine Heißmangel vermisst die gute Frau.

Melanie Haselhorst

Unter www.horn-lehe.de kann man sich mitkümmern. Wer keinen Internetzugang hat, darf in der Stadtteilbibliothek, im Schulzentrum Vorkampsweg oder beim Ortsamt Horn-Lehe surfen.

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