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Stimme der Demokratie verstummt

Die spanische Tageszeitung „Diario 16“ erschien gestern zum letzten Mal. Das linke Blatt war wirtschaftlich am Ende

„Diario 16 stellt das Erscheinen ein“, steht nüchtern über der Randspalte, die gestern das Titelblatt der 1976 gegründeten spanischen Tageszeitung Diario 16 zierte. Allein in den letzten vier Jahren hat das Blatt 30 Millionen Euro Schulden angesammelt. Die Regionalzeitung La Voz de Galicia, die Diario 16 1998 für 3 Millionen Euro ersteigert hatte, kam dadurch selbst in die roten Zahlen. Die monatelange erfolglose Suche nach einem Investor war gestern zu Ende: Die Verlagsleitung reichte den Antrag zur Massenentlassung ein. Die letzte Nummer fand nur noch „auf ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeiter, sich von den Lesern zu verabschieden“, den Weg an den Kiosk.

Diario 16 war neben dem spanischen Marktführer El País die zweite Neugründung nach dem Tod des Diktators Francisco Franco 1975. Und sogar bei den Lesern, die längst zu anderen Publikationen gewechselt sind, macht sich nun Melancholie breit. Vor allem die Menschen, die für die Demokratie auf die Straße gingen und sich im politischen und gesellschaftlichen Leben engagierten, wahren gute Erinnerungen. Die Schallplatte mit der heimlichen Hymne jener Jahre „Libertad sin ira“ – Freiheit ohne Zorn“, die einer der ersten Ausgaben beilag, ziert bis heute noch so manche Sammlung.

Diario 16 war ein Kind seiner Zeit. Gründer Juan Tomas de Salas hatte sich bereits in den letzten Jahren des Franquismus an unabhängigem Journalismus versucht. Seine 1971 (von 16 Menschen) gegründete Cambio 16 wurde zum Schlachtschiff der Demokratiebewegung. Alles was bei der Linken Rang und Namen hatte, veröffentlichte in dem Politik- und Wirtschaftsmagazin. Dieser Philosophie blieb de Salas bei Diario 16 treu. Vor allem mit der Aufdeckung von Putschplänen machte sich die freche Zeitung einen Namen. Doch wirtschaftlich blieb der Erfolg aus.

Die endgültige Krise begann 1989, als sich de Salas – angeblich auf Druck der regierenden Sozialisten – vom jungen Chefredakteur Pedro J. Ramírez trennte. Dieser nahm einem großen Teil der Belegschaft mit und gründete sein eigenes Blatt – El Mundo. Ramírez machte das, womit er Diario 16 für kurze Zeit aus den roten Zahlen geführt hatte: Enthüllungsjournalismus. Er deckte einen Skandal der Sozialisten nach dem anderen auf. El Mundo stieg schnell zur Nummer 2 des spanischen Zeitungsmarktes auf. Diario 16, unter Ramírez drittgrößte Tageszeitung, sackte von 150.000 auf 50.000 verkaufte Exemplare ab. Auch der Versuch der neuen, im Lokaljournalismus erfahrenen Besitzer, die Dörfer und Vorstädte rund um Madrid mit Regionalteilen zu bedienen, konnte die Krise nicht aufhalten. 24.700 Exemplare verkaufte Diario 16 zum Schluss noch. Auch Pedro J. Ramírez wurde gestern melancholisch: „Alle, die bei Diario 16 gearbeitet haben, können stolz sein“, verabschiedete sich El Mundo von Diario 16. REINER WANDLER

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