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Kontrolle für Kioto

Einigung bei UNO-Klimakonferenz über Sanktionen. DIW-Studie sieht effektiven Klimaschutz in weite Ferne rücken

BERLIN taz/dpa ■ Die Delegierten der Weltklimakonferenz in Marrakesch haben überraschend eine wichtige Teileinigung erzielt. Sie verständigten sich gestern auf ein System der Kontrollen und Sanktionen bei der Verminderung von Treibhausgasen nach dem Kioto-Protokoll, teilte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) mit. Umweltorganisationen begrüßten die Verständigung. Entgegen der Forderung von Kanada, Japan, Russland und Australien wird damit am Kompromiss des Bonner Gipfels vom Juli festgehalten. Über die formale völkerrechtliche Verbindlichkeit soll erst 2003 entschieden werden, wenn das Kioto-Protokoll in Kraft getreten ist.

Dem Klima hilft das wenig. Denn fast kein Land der Erde befindet sich auf dem in Kioto vorgezeichneten Pfad der Kohlendioxid-Reduktion. Zu diesem nüchternen Schluss kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner jüngsten Untersuchung. Statt weniger wurde nach DIW-Berechnungen im vergangenen Jahr weltweit 8 Prozent mehr Kohlendioxid emittiert – knapp 30 Milliarden Tonnen.

Den mit Abstand höchsten Ausstoß verursachen nach wie vor die USA – fast ein Viertel der Weltemission. Mit steigender Tendenz. Zweitgrößter Emittent ist China mit 11 Prozent. Ein Erfolg: Zwischen 1990 und 1996 stieg der chinesische CO2-Ausstoß um 33 Prozent, lag aber im vorigen Jahr wieder ein Fünftel unter dem Wert von 1996. Der Grund: effizientere Energienutzung und der Einsatz von Kohle statt Öl als Energieträger.

Die Bilanz der Europäer – selbst erklärter Motor beim Klimaschutz – sieht dagegen mager aus. Hans-Joachim Ziesing, Leiter der DIW-Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ weist lediglich in Luxemburg, Großbritannien und Deutschland Einsparungen nach. Besonders starke Zielverfehlungen gebe es in Italien, den Niederlanden, Belgien und Österreich. Doch auch die Entwicklung in Deutschland macht Ziesing Sorgen. Nach dem Wegbruch der extrem klimaschädlichen DDR-Wirtschaft habe sich der Emissionsabbau in den letzten Jahren spürbar abgeschwächt. Im Verkehrssektor ist die Emission etwa um 13 Prozent gestiegen.

Die Erkenntnis habe sich „verfestigt, dass die Erderwärmung im Wesentlichen auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist – insbesondere auf energiebedingte Treibhausgasemissionen“, schreibt Ziesing. Der Kompromiss von Bonn sei „wenig ambitioniert“.

Ziesing war gestern Sachverständiger zum KWK-Gesetz vor dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages. „Der Text, den Wirtschaftsminister Müller jetzt vorgelegt hat, ist weit von dem entfernt, was die Politik ursprünglich mit dem Gesetz bezwecken wollte“, kritisiert er. Die Laufzeiten der Förderung wie auch ihre Degression seien kontraproduktiv. NICK REIMER

www.diw.de/deutsch/publikationen/wochenberichte/kommentar SEITE 12

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