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Union will Pakete zurückschicken

Das Kabinett beschließt, die CDU protestiert: Nicht nur beim Zuwanderungsgesetz, sondern auch beim Sicherheitspaket werden Nachbesserungen gefordert. Die Zustimmung im Bundesrat dürfte aber vor allem von einem abhängen: vom Geld

von JEANNETTE GODDAR

Das monatelange Gezerre um einen Kompromiss in Sachen Anti-Terror-Paket und Zuwanderungsgesetz zwischen Innenministerium und Grünen mag beigelegt sein. Die Auseinandersetzung darüber mit der Union hat jedoch erst begonnen.

Das Kabinett hatte die Sitzung, in der beide Pakete verabschiedet wurden, gestern noch nicht beendet, da übte CDU-Chefin Angela Merkel überraschend herbe Kritik gerade an dem Gesetz, zu dem die Zustimmung schon sicher schien: Zwar finde Innenminister Otto Schily „knallharte Worte“ zur Inneren Sicherheit – die Taten, die dann folgten, seien aber „wachsweich“. Insbesondere die ausländerrechtlichen Regelungen im Sicherheitspaket II seien „völlig unzureichend“, sagte Merkel. Sie forderte die (Wieder-)Aufnahme von Regelungen, die es möglich machen sollen, Ausländern bereits bei Vorliegen eines Verdachts die Einreise zu verweigern beziehungsweise ihre Ausreise zu erzwingen. In zähen Nachverhandlungen hatten die Grünen erreicht, dass das Vorliegen eines bloßen Verdachts dafür nicht ausreicht. CSU-Chef Edmud Stoiber erklärte, die Union könne dem Sicherheitspaket in vielen Punkten zustimmen, forderte aber ebenfalls Nachbesserungen im Ausländerrecht.

Auch bei seinem Auftritt vor den Länderinnenministern im sachsen-anhaltinischen Meisdorf stieß Schily gestern auf wenig Unterstützung seitens der unionsregierten Länder: Sein Zuwanderungsentwurf sehe statt einer Begrenzung eine Ausweitung des Zuzugs von Ausländern vor, kritisierte der baden-württembergische Innenminister Thomas Schäuble. Der Bremer Innensenator Kuno Böse sprach von einer Reihe von „Kröten“, die der Entwurf enthalte. Letzterer wiederum ist einer der beiden CDU-Innenminister, von denen die rot-grüne Koalition hofft, sie bei der Abstimmung im Bundesrat doch noch auf ihrer Seite zu sehen: Nach den Neuwahlen in Berlin sind Bremen und Brandenburg die beiden einzig verbliebenen Bundesländer, die von einer großen Koalition unter SPD-Ministerpräsidenten regiert werden.

Der sachsen-anhaltinische Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Manfred Püchel (SPD), gab sich zu Beginn des Herbsttreffens gestern optimistisch, doch noch einen Konsens zu erreichen. Er schlug vor, die Differenzen in der Einwanderungspolitik in einer Arbeitsgruppe auf Ministerebene beizulegen.

Kritik an dem Sicherheitspaket II wurde in Meisdorf nicht laut. In der Tat liegt dem Bundesratspräsidenten bereits seit dem 12. Oktober ein Entschließungsantrag von insgesamt sechs unionsregierten Ländern vor, in dem überwiegend Anti-Terror-Maßnahmen gefordert werden, die sich nahezu identisch in dem Gesetzentwurf wiederfinden.

Diskussionsbereit in Sachen Zuwanderung hatte sich bereits im Vorfeld der IMK der saarländische Ministerpräsident und ehemalige Vorsitzende der CDU-Zuwanderungskommission Peter Müller gezeigt. Müller hatte signalisiert, bei „konstruktiven Gesprächen“ müsse es auch um die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern gehen. Diese veranschlagt der Zuwanderungs-Gesetzentwurf auf 583,5 Millionen Mark für Sprach- und Integrationskurse. Nach Schilys Vorstellung übernimmt der Bund davon 148, die Länder 435 Millionen Mark. Im Vorfeld war man häufig davon ausgegangen, dass die Länder nicht mehr als die Hälfte der Kosten tragen müssten.

Bereits jetzt ist deutlich, dass mit den Gesetzespaketen enorme Kosten auf den Bundeshaushalt zukommen: Allein für die neuen Aufgaben der Geheimdienste, des Bundeskriminalamtes und des Bundesgrenzschutzes werden laut Sicherheitpaket-Entwurf 469 Millionen Mark veranschlagt. Knapp hundert Millionen sollen die geplanten Identitätssicherungen in den Asylverfahren kosten. Völlig unklar sind die zusätzlichen Ausgaben, die dem Auswärtigen Amt durch die neuen Aufgaben der deutschen Botschaften bei der Visumserteilung entstehen.

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