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Konventioneller Ramsch

Das geplante Gütesiegel für normale Fleischprodukte ist bisher nur ein Werbegag

Das Ökokennzeichen ist jetzt verabschiedet, doch stellt sich die Frage: Was ist mit den konventionellen Produkten? Auch für sie plant Verbraucherministerin Künast ein Siegel. Und die Ernährungswirtschaft hat bereits reagiert: Seit kurzem gibt es eine „Qualität und Sicherheits GmbH“, die ein Gütesiegel für die Fleischerzeugung entwickelt. Doch so vertrauenerweckend der Name der neuen GmbH ist – ihr Siegel könnte wertlos sein. Denn die Kriterien sollen so anspruchslos gestaltet werden, dass 90 Prozent aller Bauern den Gütestempel erhalten können. Anders ausgedrückt: Prämiert würde, wer die Gesetze einhält. Es geht weitgehend um Imagepflege.

Damit wird eine Chance verschenkt. Das Gütesiegel darf kein Ramschgut werden. Denn die Verbraucher wären durchaus bereit, für bessere konventionelle Produkte mehr Geld auszugeben, wie etwa die repräsentativen Ergebnisse der CMA-Marktforschung zeigen. Immer neue Skandale haben die Kunden aufgeschreckt: zum Beispiel das Dioxin in belgischem Hühnerfutter oder die brutale Putenmast. Letzter Anstoß waren die BSE-Fälle in Deutschland, inzwischen sind mehr als 120 davon gezählt worden.

Viele Verbraucher lehnen Medikamente während der Mast, Tiermehlverfütterung und Massenhaltung ab, sie würden kurze Transportwege, schonende Schlachtung, Weidehaltung bei Rindern, ausreichend große Ställe, Haltung auf Stroh und „reine“ Futtermittel honorieren. Ein konventionelles Siegel muss deshalb gerade in diesen Bereichen Profil zeigen.

Ein solches Siegel könnte dazu beitragen, dass der Marktanteil der art- und tiergerechten Fleischerzeugung schneller wächst. Schon jetzt haben Erzeugergemeinschaften dies erkannt und konventionelle Gütesiegel- und Markenfleischprogramme entwickelt. Allerdings existiert für den Verbraucher auch hier, wie bisher bei Ökoprogrammen, ein schier undurchdringliches Dickicht an Angeboten. Nach Untersuchungen der Verbraucherzentralen bieten bundesweit etwa zwanzig Schweinefleisch- und fünfzehn Rindfleischprogramme ihre Produkte mit Zusatzqualitäten an. Hinzu kommen etwa je Flächenbundesland nochmals fünf bis zehn regionale Markenfleischprogramme.

Was das Chaos jedoch noch erhöht: Sowohl diese Markenfleischprogramme als auch die normalen Produzenten nutzen oft aus, dass bisher die Begriffe „tiergerecht“, „artgerecht“ und „kontrolliert“ nicht definiert sind. Also macht man damit kräftig Werbung, um die Verbraucher zu höheren Preisen zu überreden, ohne dass tatsächlich wesentlich mehr geleistet wird, als die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.

Mit einem einheitlichen konventionellen Gütesiegel auf der Basis nachvollziehbarer Kriterien ließe sich hier Transparenz schaffen. Regionale Programme könnten dieses Siegel ebenfalls nutzen und weitere Vorteile wie kurze Wege, vor Ort erzeugtes Futter oder mehr Platz und Auslauf der Tiere aufnehmen.

Allerdings sollte ein solches Siegel nicht dazu führen, dass die gesetzlichen Mindeststandards bleiben, wie sie sind. Die Lebensmittelsicherheit darf auch bei der Normalproduktion nicht gefährdet sein.

Zudem sollte ein konventionelles Siegel auch für pflanzliche Produkte angestrebt werden. So hat eine umfangreiche Untersuchung der EU-Kommission von mehr als 40.000 Lebensmittelproben kürzlich ergeben, dass jede fünfte verkaufte Paprika stärker mit Pflanzenschutzmitteln belastet war als zulässig.

HARTMUT KÖNIG

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