Koalition mit Krätze

Prostituiertengeschäfte, Job-Aktivieren – was rot-grüne Regierer gestern anfassten, sah etwas krank aus

BERLIN taz ■ Die Regierungskoalition hatte gestern keinen guten Lauf. Was die Rot-Grünen in Bundestag und Bundesrat beschickten oder verhandelten, es kam nicht rüber oder ging schief.

Dem Gesetz zum Beispiel, das Arbeitslose zu mehr Engagement und Qualifizierungen aktivieren soll, fehlt jeder Glanz. Die rot-grüne Hälfte des Bundestages beschloss das Job-Aqtiv-Gesetz. Die andere Hälfte belächelte es. „Riesters Bastelarbeit mit einigen kleinen Dingen, die man brauchen kann“, so der FDP-Arbeitsmarktpolitiker Dirk Niebel, greife zu kurz. Es brauche mehr als persönliche Einzelberatung von Joblosen und verbindliche Weiterbildungsabsprachen. In der herrschenden schlechten wirtschaftlichen Atmosphäre bekommt die rot-grüne Job-Aqtivierung durchs persönliche Gespräch ohnehin einen eher therapeutischen Charakter.

Ein anderes Lieblingsprojekt der Grünen hielt der Bundesrat an. Das Gesetz, das Prostitution zu einer Dienstleistung mit Sozialabgaben und Rentenansprüchen erklärt, muss wegen eines Formfehlers repariert werden – und verfehlt so seinen propagandistischen Effekt. Ironischerweise machte ein grüner Landesjustizsenator auf das pikante fehlerhafte Detail aufmerksam: Zwar können laut Gesetz die Kunden von Prostituierten, also Männer, die Nichtleistung der sexuellen Dienstleistung monieren. Aber das Gesetz in der derzeitigen Fassung verwehrt den Kunden, vorab bezahlte Beischlaf-Honorare im Falle der Nichtleistung zurückzufordern. Das muss nun nachgebessert werden, damit auch dieser Geschäftsverkehr reibungslos beanstandet werden kann. Das Prostitutionsgesetz trete trotzdem rechtzeitig am 1. 1. 2002 in Kraft, versicherten die Grünen. Und sparten nicht mit Galgenhumor: Die Malaise wäre nie vorgekommen, wenn über die Rechte der Freier die Verbraucherschutzministerin besser gewacht hätte. Auch die ist eine Grüne.

Die PDS nutzte den Tag, um Rot-Grün bei der Reform des Hochschulrahmengesetzes zu blamieren. Die PDS brachte einen Antrag in den Bundestag, über den Rot-Grün seit drei Jahren grübelt: Studentenvertretungen davor zu schützen, dass gegen deren politische Äußerungen und Veranstaltungen ständig Unterlassungsklagen geführt werden. Was die rot-grünen Bildungssprecher Reinhard Loske und Jörg Tauss gebetsmühlenartig versprechen, die Absicherung der Verfassten Studentenschaft im Hochschulrahmengesetz, beantragte die PDS gestern. Prompt votierten Rot und Grün gegen ihr eigenes Ansinnen: die Zeit sei noch nicht reif. Wie viel Zeit bleibt Rot-Grün noch? CHRISTIAN FÜLLER