: Zukunft für Brot und Bildung
Wer sein Geld anlegen will, aber auf Rendite verzichten kann, geht stiften. Beispiel: die Stiftungen der Gemeinnützigen Treuhandstelle. Eine Investition für die Gemeinschaft, nicht für den Einzelnen
In der Schweiz ist die Züchtung von Saatgut nach wie vor Aufgabe des Staates. Aus gutem Grund: Überlässt man diesen Bereich ausschließlich privaten Firmen, ist dort aus Gründen der Gewinnmaximierung die Versuchung groß, Gentechnik einzubeziehen. „Was dagegen in Deutschland in den letzten Jahren an staatlichen Forschungsmitteln für den ökologischen Landbau zur Verfügung stand, ist einfach nur beschämend“, sagt Cornelia Roeckl, Geschäftsführerin der Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
Ziel der im Mai 2000 gegründeten Stiftung ist es, Projekte zu fördern, „die durch ihre Arbeit den Marktanteil ökologisch erzeugter Lebensmittel deutlich steigern und damit dem Bio-Landbau zum Durchbruch verhelfen können“. Unterstützt werden beispielhafte gemeinnützige Projekte – das können ökologisch ausgerichtete Schulbauernhöfe sein, vor allem aber Züchtungs-, Forschungs- und Bildungsinitiativen. Die Schwerpunkte liegen bei der Erforschung standortbezogener Saatgutsorten, der Entwicklung von Konzepten gemeinnütziger Trägerschaft von Höfen und der Förderung regionaler Kooperativen. Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft wird von der Gemeinnützigen Treuhandstelle e. V. (GTS) verwaltet, einer Schwesterorganisation der GLS-Gemeinschaftsbank in Bochum. Beide Einrichtungen haben sich der Förderung des Gemeinwesens verschrieben.
Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft ging mit einem Gründungskapital in Höhe von 3,214 Millionen Mark an den Start. Man sei eine Spendensammelstiftung ohne großes Kapital, woraus die Arbeit bestritten würde, so Cornelia Roeckl. Das bedeute, dass vor allem durch projektbezogene Öffentlichkeitsarbeit Mittel eingeworben würden.
Zustifter wird man ab einer Summe von 10.000 Mark. Doch sind die derzeit etwa 300 Stifter nur teilweise vermögend, und auch kleinere Summen in Form von Spenden können eingebracht werden. Generell eint alle Stifter wohl das Bewusstsein, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Bereich ist, in dem normalerweise nicht so viel gespendet würde – so Cornelia Roeckl –, wo man jedoch Forschung und Entwicklung nicht allein den wenigen Konzernen überlassen dürfe.
Über die Vergabe der Fördergelder entscheidet ein Treuhänderkreis, der sich aus Stiftungs-, Projekt- und Spendenvertretern zusammensetzt. Generell gingen allerdings mehr interessante Anträge bei der Stiftung ein, als Mittel zur Verfügung stünden. So fördere man zum Beispiel keine Einzelhöfe, da ihnen die Gemeinnützigkeit fehle. Wohl aber solche Projekte, bei denen die Verknüpfung von Landwirtschaft mit anderen Bereichen eine Rolle spiele. Als Beispiel hierfür nennt Cornelia Roeckl die Schulbauernhöfe, auf denen Schulklassen und Jugendgruppen die Grundsätze des ökologischen Landbaus erleben können – von der Feld- und Stallarbeit bis zur Zubereitung der Mahlzeiten aus ökologischen Produkten.
Auch eine Internet-Saatgutbörse, die über die Verfügbarkeit von Gemüse- und Getreidesaatgut aus ökologischer Züchtung informiert, wurde durch eine Anschubfinanzierung aus Stiftungsmitteln ermöglicht. Im Jahr 2000 vergab man insgesamt 1,15 Millionen Mark Fördergelder. Die einzelnen Beträge variieren dabei von 2.000 Mark – etwa als Zuschuss für eine Tagung – bis zu 100.000 Mark für ein Projekt zur Züchtung von Getreide.
Doch der Mensch lebt nicht von Brot allein, und so wirken unter dem Dach der GTS auch andere Stiftungen. Im Mittelpunkt stehe stets der Mensch, so eine Sprecherin der GTS. „Die Zukunftsstiftungen in der Gemeinnützigen Treuhandstelle e. V. arbeiten uneigennützig, transparent und kooperativ mit allen Menschen zusammen, die Zukunft ermöglichen und Gegenwart gestalten wollen“, heißt es dazu in einer Selbstdarstellung. Dabei gebe es kein vorgefertigtes Angebot, sondern alles – bis hin zur Vertragsgestaltung – werde in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen abgestimmt. Man versuche, „für die individuellen Probleme der Menschen Stiftungen zu finden“. Insgesamt wurden von der GTS im Jahr 2000 allein an Zuwendungen unter anderem für Ausbildung, Entwicklungshilfe, freie Schulen und Kindergärten, Landwirtschaft und Forschung über 6,7 Millionen Mark vergeben.
Die Zukunftsstiftung Bildung fördert innovative Projekte, die „die Bedingungen und das gesellschaftliche Klima für die individuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Sinne einer aktiven Bürgergesellschaft verbessern“. Dabei wird besonderes Augenmerk gelegt auf die Achtung vor dem Kind, Lernen als Kernsubstanz aller Veränderung und einen grundsätzlich anerkannten Pluralismus in Pädagogik und Bildungswesen sowie Bemühungen um die Selbstverantwortung und Selbstgestaltung in Bildungsinstitutionen aller Art. Aus der Idee einer Bochumer Waldorfschule, die sich mehr Musikinstrumente an der Schule wünschte, entstand beispielsweise ein Projekt, bei dem mehrere Schulen – auch solche aus benachteiligten Gebieten – jetzt zusammen mit der örtlichen Musikschule die Instrumente im Austausch nutzen werden. Auf den Weg gebracht wurde das Vorhaben durch eine Zuwendung der Zukunftsstiftung Bildung.
Neben den bereits erwähnten Stiftungen gehören die Zukunftsstiftung Gesundheit, die Zukunftsstiftung Soziales Leben sowie mehrere Themenfonds zur Gemeinnützigen Treuhandstelle – insgesamt waren es im letzten Jahr 27 Stiftungen und Fonds. Für alle gilt, was Cornelia Roeckl über die Arbeit ihrer Stiftung sagt: „Wir hoffen, etwas bewegt zu haben, und sehen auch schon Ansätze.“ Die Zeichen stünden jedenfalls „nicht schlecht“. Um die erfolgreiche Arbeit der GTS-Stiftungen fortsetzen zu können, werden jedoch ständig neue Stifter gesucht.
KATHARINA JABRANE
Gemeinnützige Treuhandstelle e. V., Oskar-Hoffmann-Straße 25, 44789 Bochum, Tel. (0234) 57 97-0 oder -126, Fax 57 97-133
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen