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Wohl nur eine bescheidene Runde

aus Doha ANDREAS ZUMACH

Die 142 Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich in Katar auf neue Verhandlungen zur weiteren „Liberalisierung“ der Weltwirtschaft geeinigt. Bis zur letzten Minute stand eine Vetodrohung Indiens dem Konsens entgegen. Doch von einer „umfassenden Welthandelsrunde“, wie sie insbesondere die Europäische Union gefordert hatte, kann keine Rede sein. Die Verhandlungen über einige Themen sollen frühestens in zwei Jahren beginnen und auch das nur unter Vorbedingungen, deren Erfüllung derzeit höchst fraglich ist.

Die Forderung der EU nach sofortigen Verhandlungen über Investitionen und Wettbewerbsregeln scheiterte am Widerstand fast sämtlicher Staaten des Südens. Laut Beschluss von Doha sollen diese Verhandlungen erst nach der nächsten Ministerkonferenz im Herbst 2003 beginnen – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auf dieser Ministerkonferenz „im Konsens über die Modalitäten von Verhandlungen beschlossen“ wird. Derselbe Formelkompromiss wurde für Verhandlungen über die Transparenzregeln für öffentliche Aufträge gefunden.

Keine Umweltsiegel

Ihre Forderung nach Verhandlungen über Umwelthemen ab Januar 2002 konnte die EU zwar durchsetzen. Jedoch wurden diese Verhandlungen stark beschränkt auf drei Apekte: Der erste Punkt soll das Verhältnis zwischen WTO-Bestimmungen und handelsrelevanten Vorschriften in internationalen Umweltabkommen umfassen. Die Rechte von WTO-Staaten, die nicht Unterzeichner eines bestimmten Umweltabkommens sind – etwa die USA beim Kioto-Klimaschutzprotokoll – dürfen dabei nicht berührt werden. Zweitens geht es um Verfahrensregeln für den Informationsausschuss zwischen den Sekretariaten der WTO und den verschiedenen Umweltabkommen. Außerdem wird die Reduzierung oder völlige Beseitung von Zöllen und anderen Importhürden für ökologische Güter und Dienstleistungen verhandelt. Das Vorsorgeprinzip beim Umweltschutz sowie Umweltgütesiegel sind – anders als von der EU und von Umweltorganisationen aus aller Welt gefordert – nicht Gegenstand künftiger Verhandlungen.

Ebenfalls ab Januar 2002 sollen Verhandlungen beginnen über den weiteren Abbau beziehungsweise die völlige Abschaffung von Zöllen und anderen Importhürden für Industriegüter. Für die bereits seit Januar 2000 laufenden Agrarverhandlungen beschloss die Ministerkonferenz als Zielvorgaben „deutliche Verbesserungen beim Marktzugang“, die „substanzielle Verringerung interner Stützungsmaßnahmen“ für die Landwirtschaft sowie die „Reduzierung von Exportsubventionen mit der Perspektive ihres völligen Abbaus“. Gegen die letzte Formulierung hatten sich bis zum Schluss insbesondere Frankreich und Irland gewehrt. Sie wurde von der EU erst akzeptiert, nachdem ein Satz eingefügt wurde, wonach das „Ergebnis der Verhandlungen offen“ bleibt.

Die Forderung zahlreicher Staaten des Südens nach einer grundlegenden Revision der WTO-Agrarpolitik und nach Einführung einer „Entwicklungsklausel“ in bestehende Agrarabkommen wurde in dem Beschluss von Doha nicht berücksichtigt. Sie soll diesen Ländern die Wiedergewinnung ihrer Nahrungsmittelsicherheit ermöglichen sowie die Existenzbedingungen der Kleinbauern sichern. Es heißt lediglich in allgemeiner und unverbindlicher Form, die „besondere Behandlung der Entwicklungsländer“ solle Gegenstand der Verhandlungen sein.

Mit einem ähnlichen, nach allen Seiten auslegbaren Formelkompromiss wurde den USA schließlich auch die Zustimmung zu Verhandlungen ab 2001 über eine „Klärung und Verbesserung“ der 1994 vereinbarten Anti-Dumping-Bestimmungen der WTO ermöglicht. Die in diesen Bestimmungen vorgesehenen „Instrumente“ – deren willkürliche und missbräuchliche Anwendung zahlreiche Staaten den USA vorwerfen – sollen laut dem Beschluss von Doha „erhalten“ bleiben.

Beim Thema Sozial- und Arbeitsstandards konnte die EU gegen den erheblichenWiderstand fast aller Staaten des Südens und mit nur mäßiger Unterstützung der USA, Japans und Kanadas lediglich zwei unverbindliche Sätze in der Präambel der Ministererklärung durchsetzen.

Kooperation gefordert

Darin wird darauf verwiesen, dass die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf „sich mit der sozialen Dimension der Globalisierung beschäftigt“. Weiterhin wird die bereits auf der 2. Ministerkonfernz 1996 in Singapur beschlossene Absicht einer Kooperation zwischen WTO und ILO zu diesem Thema bekräftigt. Diese Kooperation scheiterte in den letzten fünf Jahren jedoch am Unwillen der WTO.

Den Beschwerden zahlreicher Staaten des Südens über – zum Teil vertragswidrige – Hürden für ihre Textilexporte in die Industriestaaten wurde mit dem Beschluss begegnet, die Erhöhung der Textilimportquoten, die bisher erst ab 2004 vorgesehen war, vorzuziehen. Bereits am Dienstag hatten die 142 WTO-Staaten in einem Konsensdokument festgehalten, dass der Schutz der öffentlichen Gesundheit in den Mitgliedsländern und insbesondere der Zugang zu Medikamenten zumindest in Krisen und Notfällen Vorrang haben soll vor den Patentschutzregeln (Trips) der WTO.

Insgesamt lagen der Ministerkonferenz 106 Anträge von Staaten des Südens vor, ihnen die Umsetzung der Abkommen aus der Uruguay-Welthandelsrunde zu erleichtern – wahlweise durch eine Verlängerung von Fristen und andere Veränderungen oder durch Neuinterpretationen von Implementierungsbestimmungen. Rund die Hälfte dieser Anträge – von denen sich ein erheblicher Teil auf das Thema Textil bezieht – wurde in Doha positiv beschieden. Über die andere Hälfte soll bis zur nächsten Ministerkonferenz im Jahre 2003 entschieden werden. Mit Blick auf die 48 ärmsten Entwicklungsländer (LDC) „verpflichtete“ sich die Ministerkonferenz, Produkten aus diesen Ländern „zollfreien und quotenfreien Marktzugang“ zu gewähren. Weiter gehende Maßnahmen sollen „geprüft“ werden.

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