piwik no script img

Schills Brechmittel-Cocktail nicht als Light-Getränk

Die Ankündigung des rechtspopulistischen Innensenators Ronald Schill, künftig Drogeneinsatzkommandos durch die Stadt zu schicken, um mutmaßliche lokale Dealerszenen zu zerschlagen und dabei Brechmittel einzusetzen, ist vorerst ein Alleingang. „Das hat er sich so gedacht“, sagt Polizeisprecher Reinhard Fallak, doch das sei noch längst keine beschlossene Sache. „Dazu findet in der kommenden Woche ein Amtsleitertreffen statt. Im Moment gilt noch das Paket, welches der ehemalige Innensenator Olaf Scholz auf die Reise geschickt hat.“

Nach den Vorstellungen Schills soll die Drogenfahndung erheblich aufgestockt werden. Das Personal soll durch die zusätzliche Einstellung von 250 Angestellten mobilisiert werden. Diese Hilfssheriffs mit Jedermann-Rechten sollen dann Objektschutzaufgaben übernehmen, die bislang von regulären PolizeibeamtInnen geleistet worden sind. Die Drogeneinheiten sollen nach dem Vorbild der DEG (Drogeneinsatzgruppe) agieren, die bereits im City-Bereich eingesetzt wird. Sie sollen dann auch in anderen Stadtteilen wie Altona, Harburg, Bahrenfeld und dem Schanzenviertel operieren, in die die Dealer zur Zeit ausgewichen sind oder wo sich Dealerszenen etabliert haben. Dass der Drogenhandel nicht mehr allein lokal zu bekämpfen ist, sieht auch Fallak: „Durch die Dezentralisierung der Einrichtungen hat sich auch die Dealerszene verlagert.“

Dabei möchte Schill die Schwelle zum Einsatz von Brechmitteln niedrig schrauben. Bislang war der Einsatz an bestimmte Kriterien geknüpft. Daher hat Schill mehrfach angekündigt, dass der Rechtsblock-Senat die Zuständigkeit für das Einflößen von Kotzmitteln von der Justizbehörde in die Innenbehörde verlagern möchte, um den lästigen Weg über eine staatsanwaltschaftliche Anordnung zu umschiffen. Einen Persilschein wird Ronald Schill nur schwer bekommen. „Man spricht miteinander“, sagt Justizbehördensprecherin Simone Käfer. „Es wird aber nur eine gesetzeskonforme Regelung geben.“ Und diese sieht für derartige Maßnahmen eine richterliche Anordnung vor und bei Gefahr im Verzug könne ein Staatsanwalt das Kotzen anordnen. kva

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen