Bin Sesamstraße

■ Die Trierer „Kriegsshow“ suchte das Ende der Spaßgesellschaft aufzuhalten

„Lassen Sie uns jetzt nicht politisieren. Das ist nicht die richtige Sendung dafür.“ Diesen wundervollen Satz verdanken wir Dieter Thomas Heck. Tätschelnd legte er sein Patschhändchen auf das einer Gästin in der Fernsehshow einer Hilfsorganisation zu Gunsten der notleidenden Bevölkerung in Afghanistan. Ein verzweifelter Versuch, weiter an das Unpolitische zu glauben. Mithin der Versuch, das Volk dort abzuholen, wo es steht – bei seiner Tümlichkeit. Und da will man, wie Karl Moik im ersten Ground-Zero-Stadl sekundierte, „den Menschen nur ein wenig Freude machen“ und von Politik bitte bitte gar nichts wissen.

Gepaart mit Zeitungsschnipseln, Comedyszenen und Musik bilden Fernsehausschnitte das Gerüst der „Kriegsshow“, die am Samstag in der Neustädter Schwankhalle geboten wurde. Das junge neunköpfige Ensemble aus Trier liest, scheint es, aufmerksam die „Konkret“ und zappt wohl auch die Schmidt-Show nicht gleich weg. In struktureller Anlehnung an die beiden erfolgreichsten deutschen Late-Nights spielt die „Kriegsshow“ jene Witze auf die Bühnenbretter, die Harald Schmidt nicht mehr machen kann, und die in Stefan Raabs Pennälerhumor noch nie Platz hatten.

Die „Kriegsshow“ will, das merkt man schnell, die andere, die dunkle Seite davon sein. Die Messlatte liegt also in Schwindel erregender Höhe. Doch gerade weil man sofort versteht, was witzig daran ist, Zitate des Bild Kolumnisten Franz-Josef Wagner zu bringen, ist die Trennlinie zwischen gut und gut gemeint schwer auszumachen.

Mal also haut die Show um Host Andreas Marx – nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem in Zeiten des „Endes der Geschichte“ etwas in Vergessenheit geratenen großen Trierers gleichen Namens – hin. Und mal nicht. Schön die „Wer wird Millionär“-Parodie, in der die Ausgangsfrage „Ordnen Sie folgende US-Interventionen, beginnend mit der jüngsten“ nicht mit den üblichen vier, sondern gleich mit einem ganzen Alphabet möglicher Antworten gesegnet ist. Oder auch ein gefaketes Pressefoto, auf dem Koranschüler das Konterfei Bin Ladens durch die Straßen tragen, während Bert aus der Sesamstraße dem Star-Terroristen über die Schulter lugt. Nur weil die Trollos vergaßen, die Spielerei irgendwelcher Computernerds wegzuretuschieren. Irgendwann taucht dann noch der UCK-Führer Tahci in einer Benefizshow auf, sich für die amerikanische Hilfe zu bedanken, die er nun symbolisch zurückgeben möchte: „Oh, da kommt Tussi mit Scheck.“

Ein bisschen bemüht vielleicht, aber reichlich unterhaltsam. Wenn nur viele Gags des Studentenkabaretts nicht so ausrechenbar wären. Und wenn die unsäglich präsenten Bilder für sich schon so schmerzhaft komisch wären. Das klingt jetzt vielleicht zynisch, meine Damen und Herren, aber mit einem gut plazierten Koppwindelwitz hätt man noch was reißen können. Zurück ins Studio.

Tim Schomacker