: Eine Etage höher
■ Die Oldenburger Kulturetage sucht Profil zwischen Stadttheater und Experiment
Die Oldenburger Kulturetage steht unter Druck. Im neugewählten Vorstand rumort es, weil das Veranstaltungszentrum nach außen immer mehr wie ein Eventclub wirkt, in dem eine Party die nächste jagt. Zugleich gibt der neue Generalintendant am Staatstheater, Reiner Mennicken, ordentlich Gas, talkt in edlen Einrichtungshäusern, schmeißt Feten und platziert so sein Haus gekonnt in der Stadt.
Die „Etage“ braucht also ein klares Profil, um sich besser behaupten zu können. Denn täglich grüßt die Haushaltslage. Die sei, vermeldet Geschäftsführer Bernt Wach, in den letzten Jahren immer schwieriger geworden. Die städtische Zuwendung nämlich sei in zehn Jahren gleich geblieben. Zu den Gesamtmiet- und Betriebskosten von 800.000 DM schießt die Stadt 100.000 dazu. Auf die große Halle entfallen bei 125.000 DM Kosten gerade mal 24.000 DM Zuschuss. Der Rest muss über Veranstaltungen erwirtschaftet werden. Denn auch der Oldenburger Sponsorenkuchen ist verteilt, da knabbert nun auch noch das Janssen Museum und das ganze Umland dran rum. Mit dem Kultursommer aber sind die Aufgaben der Kulturetage noch mal umfangreicher geworden. Zugleich laufen ABM- und BSHG-Stellen aus, und neue Stellen können selbst nicht finanziert werden. Der Zuschuss der Stadt blieb mit 430.000 DM auch hier über zehn Jahre konstant, obwohl die Tarifgehälter sich erhöht haben. „In dieser Situation können wir uns in der großen Halle keine Experimente mehr leisten“, stellt Wach fest. Mehr Partys wolle man aber auch nicht anbieten, eher erstklassige Veranstaltungen, die auch in anderen großen Häusern laufen könnten, wie etwa kürzlich eine Lesung mit Otto Sander. Für–s künstlerische Experiment soll nach einem entsprechenden Umbau die jetzige Probebühne zu Ehren kommen. Da soll dann das zu sehen sein, was noch nicht in den Feuilletons groß geworden ist.
Mit diesem Schritt bietet die Kulturetage dann unter einem Dach das an, was vor fünfzehn Jahren die Kultursituation in Oldenburg war: Damals fand sich eine Hand voller Theaterbegeisterter zusammen um das verwegene Experiment in die breiten Nischen der etablierten Stadtkultur zu friemeln. Mit der eigenen Etablierung allerdings muss-te und muss das Haus sich auch stärker am Staatstheater abreiben . Da gab es schon schlechte Erfahrungen. Denn die Kulturetage stand immer synonym für avantgardistisches Tanztheater auf internationalem Niveau. “Als mit Stephan Mettin dann Tanz am Staatstheater fest etabliert wurde, brach uns diese Sparte weg. Wir konnten die Leute schlichtweg nicht genauso bezahlen“, bedauert Bernt Wach. Daher sei es aber auch unsinnig sich in eine Konkurrenzsituation zum Staatstheater zu bringen, und das gilt auch für die künstlerischen Eigenproduktionen. „Wir würden nie auf die Idee kommen, Musical selbst zu produzieren, das können die viel besser.“ Dennoch wolle man einmal im Jahr eine Großproduktion bringen, die an ungewöhnlichen Orten stattfinden soll, wie im letzten Jahr „Antigone“ im Trockendock. Da sei die Kulturetage mit ihrer Mobilität im Vorteil. Na denn: Mit neuem Konzept zurück in die Zukunft.
Mareijke Gerwin
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