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„Mit uns wäre eine Tolerierung denkbar“

Der PDS-Fraktionschef im Potsdamer Landtag, Lothar Bisky, kann sich nach einem möglichen Ende der großen Koalition eine Zusammenarbeit mit der SPD vorstellen. Die geplante Länderfusion aber habe derzeit nur schlechte Chancen

taz: Herr Bisky, Brandenburgs CDU-Landeschef Jörg Schönbohm sieht durch die bevorstehende Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat die Koalition gefährdet: Bricht die große Koalition – oder ist das alles nur Theaterdonner?

Lothar Bisky: Theaterdonner ist die einzige Konstante in der Politik der großen Koalition – aber vielleicht ist es doch ernst. Die CDU will die SPD nötigen, die Gesetze zur Zuwanderung so hart wie möglich auszulegen. Wenn Ministerpräsident Manfred Stolpe dem folgt, macht er CDU-Politik. Das aber wäre eine politische Grundsatzentscheidung. Das Land Brandenburg und auch die SPD hatten bisher eine andere Tradition.

Stünde die PDS bereit, mit der SPD eine Koalition einzugehen, wenn die CDU abspringt?

Ach, das „immer bereit“ habe ich in meinem Leben schon so oft gehört, das will ich nicht wiederholen. Wenn allerdings die Inhalte stimmen, glaube ich schon, dass es da Spielraum gäbe. Aber das sehe ich im Augenblick nicht. Mit uns wäre, wenn die Inhalte stimmen, etwa die Tolerierung einer Minderheitsregierung denkbar.

So wie in Sachsen-Anhalt?

Da ist das Land auch nicht in die Katastrophe gerutscht. Aber selbstverständlich ist unsere Unterstützung nicht zu jedem Preis zu bekommen.

Haben Sie den Eindruck, dass die CDU mittelfristig aus der großen Koalition herauswill?

Ja. Aber die CDU hat mit ihren Drohungen auch so schon viel erreicht: Die SPD wurde von ihr in eine Position rechts von der Mitte gezogen. Das aber könnte sich für die CDU als ein Pyrrhussieg herausstellen: Sie hat den Umfragen nach nicht mehr Stimmen dadurch gewonnen.

Hier schwebt auch die Frage einer Länderfusion mit: Ist die oft geforderte Länderehe durch die Berliner Haushaltslage, die schlimmer ist als befürchtet, wieder in weite Ferne gerückt?

Da bin ich ganz ruhig: Die Kosten müssen eben auf den Tisch. Darüber müssen wir uns ehrlich unterhalten. Ich habe allerdings den Eindruck, dass wir als PDS einer Fusion mittlerweile aufgeschlossener gegenüberstehen als alle anderen Parteien: Es sieht nicht gut aus, nicht wegen der Finanzlage allein. Die Skepsis hat zugenommen.

Ist die PDS für die Fusion?

Wir sind die einzigen, die gesagt haben: Lasst uns zunächst einmal nicht über die Fusion reden, sondern über die Zukunft der Region. Darüber, was wir für sie wollen. Dieses Vorgehen bewährt sich jetzt. Abgesehen davon, haben wir durch die anstehende Liquidation der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) auch erhebliche finanzielle Probleme. Wir können keineswegs aufs hohe Ross steigen.

Unter welchen Bedingungen sind Sie für die Fusion?

Wenn die Mehrheit der Bevölkerung zustimmt. Wenn sichergestellt ist, dass die Fusion zu mehr Arbeitsplätzen und zu Synergien bei der Wissenschaft, Bildung und Medienpolitik führt. Es muss sich lohnen für die Berliner und die Brandenburger.

Und wann werden wir ein gemeinsames Bundesland haben?

Wenn die derzeit führenden Politiker in Rente gegangen sind.

INTERVIEW: PHILIPP GESSLER

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