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Bioterror schreckt USA immer weniger

Trotz eines neuen Milzbrandfalles in einem Brief in den USA bekommen die Behörden die Bedrohung in den Griff

WASHINGTON taz ■ Das FBI hat einen weiteren Brief mit Milzbrand-Erregern entdeckt. Wie am Wochenende bekannt wurde, fanden die Ermittler den Brief in einem Lager, das unter Quarantäne stand. Er war an Senator Patrick J. Leahy adressiert und im gleichen Ort abgeschickt wie zuvor der Brief an Senator Tom Daschle – beide einflussreiche Politiker der Demokraten.

Der Fund nährt den Verdacht, dass es sich um einheimische Täter aus rechtsextremistischen Kreisen handelt. Dennoch bleibt der Milzbrand-Terror in den USA ein Rätsel. Über einen Monat nach dem ersten Ausbruch der Krankheit in Florida haben die Behörden immer noch keine Hinweise, wer die Briefe mit den tödlichen Erregern abgeschickt hat. Dennoch konnten Experten in dieser Zeit wichtige Erkenntnisse gewinnen.

Die erste: Erreger verbreiten sich viel leichter als ursprünglich angenommen. An eine ernsthafte Bedrohung glaubte man früher nur, sollten Sporen von einem Flugzeug versprüht werden. Der Versand durch Briefe würde nur die Menschen gefährden, die sie öffnen oder sich in dem Raum aufhalten, wo sie geöffnet werden. Als Postmitarbeiter in Washington erkrankten und zwei an Lungenmilzbrand starben, wurde dies als Fehleinschätzung deutlich. Offenbar haben die entwichenen Erreger Geräte und andere Postsendungen verseucht. Über den Postweg wurden die kontaminierten Briefe weitergeleitet, bis sie schließlich sogar in US-Botschaften im Ausland auftauchten. Obgleich die Fahnder noch immer nach weiteren Quellen suchen, es ist möglich, dass die Verbreitung lediglich von vier Briefen stammt. Lange Zeit vertrauten Experten außerdem älteren Studien, wonach jemand einer großen Anzahl von Sporen – wenigstens 8.000 – ausgesetzt sein müsse, um infiziert zu werden. Diese Zahl muss weit nach unten korrigiert werden.

Die ermutigende Lektion: Milzbrand ist lange nicht so gefährlich wie befürchtet. Wird die Krankheit früh diagnostiziert, können Opfer erfolgreich behandelt werden. Selbst an Lungenmilzbrand Erkrankte wurden geheilt – früher ging man von ihrem fast sicheren Tod aus. Oberstes Ziel der Regierung ist daher, ausreichend Antibiotika und Impfstoffe zu lagern. Washington hat bereits genug Medikamente gekauft, um 12 Millionen Menschen 60 Tage lang behandeln zu können.

Als größtes Problem erwies sich die Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems. Nach dem ersten Milzbrand-Fall musste der Postinspektionsdienst auf rund 8.600 verdächtige Hinweise reagieren, die Bundespolizei 2.500 Fälle untersuchen. Labore erstickten in Testanfragen, in Hospitälern standen Hilfesuchende Schlange. Die Hoffnung liegt nun auf schnellen und zuverlässigen Testverfahren. Forscher in Minnesota wollen einen Test entwickelt haben, der in weniger als einer Stunde die Milzbrand-Erreger feststellen kann. Noch benötigen die verlässlichsten Verfahren zwei bis drei Tage.

Angesichts der Bedrohung hat der US-Senat nun eine Gesetzesvorlage eingebracht, die 3,2 Milliarden US-Dollar zur Prävention, Erkennung und Behandlung von Krankheiten bereitstellen will – doppelt so viel wie Präsident Bush ursprünglich vorgesehen hatte. Der Entwurf soll bis Mitte Dezember verabschiedet werden. MICHAEL STRECK

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