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Mehr Arbeitslose, kaum Wachstum

OECD-Bericht: In den Industrieländern schrumpft die Wirtschaft in diesem Halbjahr um 0,3 Prozent. Wegen fortgeschrittener Globalisierung verlaufe der Abschwung erstmals in fast allen Ländern synchron. Erholung erst ab Sommer 2002

aus Paris DOROTHEA HAHN

Wie der Währungsfonds hat jetzt auch die OECD ihre Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft radikal nach unten korrigiert. Nach dem „effektiven Stillstand“ des laufenden Jahres geht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung von steigenden Arbeitslosenzahlen und einem Wirtschaftswachstum aus, das bei einem mageren Prozent – stellenweise auch noch tiefer – liegt. In den 30 OECD-Mitgliedstaaten – darunter die reichen Industrieländer – werde das Wachstum sogar um 0,3 Prozent zurückgehen. Das geht aus ihrem gestern in Paris vorgelegten wirtschaftlichen Ausblick für das Jahr 2002 hervor. Erst in der zweiten Jahreshälfte sieht die OECD Anfänge einer Erholung. Sollte es allerdings zu unerwarteten Szenarien – wie Ölpreiserhöhungen – kommen, hält die OECD weltweit auch ungüngstigere wirtschaftliche Entwicklungen für möglich.

Deutschland, dem die OECD eine wirtschaftliche Stagnation seit Jahresanfang attestiert, steht am unteren Rand: Die Arbeitslosigkeit, von der OECD mit gegenwärtig 7,5 Prozent beziffert, werde bis ins Jahr 2002 auf 8,1 Prozent steigen. Das Wirtschaftswachstum soll von 0,7 Prozent in diesem Jahr auf bestenfalls ein Prozent 2002 zunehmen. Beinahe erstaunt stellt die OECD fest, wie weit die Globalisierung bereits fortgeschritten ist. Unter anderem ist in dem mehr als 200 Seiten starken Bericht von dem „synchronen Verlauf des Abschwungs“ in beinahe allen Ländern die Rede. Während parallel zu der letzten Rezession in den USA Anfang der 90er-Jahre Europa und Japan wirtschaftliche Aufschwünge erlebten und erst anschließend rezessive Phasen kamen, geschieht diese Entwicklung heute beinahe gleichzeitig. Die Organisation beschreibt auch die gesunkenen Möglichkeiten nationaler wirtschaftlicher Steuerungspolitik und den Anstieg der „grenzüberschreitenden Schocks“. Die EU, die nordamerikanische Freihandelszone Nafta und andere regionale Zusammenschlüsse müssten daher stärker auf Schocks in anderen Regionen reagieren.

Als Ursachen für die Flaute nennt die OECD unter anderem die Krise im High-Tech-Sektor sowie verzögerte Effekte früherer Ölpreisanstiege. Im Spätsommer 2001 habe es Anzeichen für ein Nachlassen der Flaute und „moderate Wachstumshoffnungen“ in den USA gegeben. Doch die Attentate in New York und Washington versetzten der Weltwirtschaft einen erneuten Schock. Zwar halten sich, so die OECD, die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen auf einige Branchen in Manhattan begrenzt, doch sei die psychologische Wirkung auf InvestorInnen und VerbraucherInnen von einer globalen Wirkung, deren Dauer noch gar nicht absehbar sei.

Wie zu erwarten, empfiehlt die OECD, die seit Jahren den Wirtschaftsliberalismus predigt, dass sich die Staaten nicht dem voraussichtlich wachsenden politischen Druck auf bessere Versorgung der zu erwartenden zusätzlichen Arbeitslosen beugen sollen. Dem, so heißt es, müsse „unbedingt widerstanden werden, da höhere staatliche Ausgaben nur schwer wieder abzubauen wären“. Im Übrigen, mahnt die OECD, sei bei der Erwägung von Subventionen zu bedenken, dass künftig verstärkt sowohl private als auch staatliche Mittel für die Sicherheit und den Kampf gegen den Terrorismus ausgegeben werden müssten.

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