: Handelstopp gegen Bürgerkrieg
Um den Friedensprozess im Kongo zu beschleunigen, schlagen UN-Experten vor, sämtliche Verträge seit 1997 für illegal zu erklären
von DOMINIC JOHNSON
„Die systematische Ausbeutung natürlicher Ressourcen und anderer Reichtumsformen in der Demokratischen Republik Kongo geht unvermindert weiter“. Das ist die zentrale Aussage des Schlussberichts einer UN-Untersuchungskommission zur Ausplünderung des Kongo, der vorletzte Woche fertiggestellt und am Montag im UN-Sicherheitsrat diskutiert wurde. „Die Ausbeutung“, so der Bericht weiter, „hat zur weiteren Bereicherung von Einzelpersonen und Institutionen geführt, die die gegenwärtige Lage opportunistisch ausnutzen, um soviel Wohlstand anzuhäufen wie möglich.“
Dass im Kongo einheimische Politiker, ausländische Militärs und internationale Unternehmen in mafiösen Strukturen zusammenarbeiten, um eines der potenziell reichsten Länder der Welt auszubluten – diese Erkenntnis ist nicht neu. Bereits im April legte eine UN-Kommission einen ersten Untersuchungsbericht darüber vor. Zentraler Befund darin war, dass die Kriegsparteien ihren Krieg mit der Ausplünderung des Landes finanzieren, was sie wiederum nur unter Kriegsbedingungen unkontrolliert tun können – ein Teufelskreis. Da der Bericht im Detail zahlreiche unbelegte Behauptungen enthielt, wurde er zur Überarbeitung zurückgeschickt, die zuständige Kommission neu zusammengesetzt. Was sie jetzt vorgelegt hat, ist formal ein Nachtrag zum Aprilbericht.
Im ersten Bericht hatten die Experten vor allem die Aktivitäten der Rebellenunterstützer Uganda und Ruanda unter die Lupe genommen. Der neue Bericht widmet sich vor allem der Regierungsseite, darin vorrangig Simbabwe. Einige der Befunde: Simbabwische Militärs halten die besten Diamantenreserven des Kongo und Abholzungsgenehmigungen für eine Gesamtfläche, die in etwa der Größe Deutschlands entspricht.
Was kann man dagegen tun? Von UN-Sanktionen gegen beteiligte Länder, wie noch im April gefordert, nimmt die neue Kommission Abstand. Sie fordert jedoch ein internationales „Moratorium“ auf den Ankauf „wertvoller Produkte wie Coltan, Diamanten, Gold, Kupfer, Kobalt, Holz und Kaffee aus Gebieten in der Demokratischen Republik Kongo, in denen ausländische Truppen stehen, sowie Gebieten unter Rebellenkontrolle“.
Die weitestgehende Forderung besteht darin, praktisch sämtliche Amtshandlungen im Kongo seit dem Sturz des zairischen Diktators Mobutu Sese Seko durch Kabila im Mai 1997 für illegal zu erklären. Alle seither unterzeichneten Konzessionen, Handelsabkommen und Verträge „sollten revidiert werden“, so der Bericht. Dies solle ein „vom Sicherheitsrat einzusetzendes Sondergremium“ machen.
Zu Ende gedacht, bedeutet dies ein internationales Wirtschaftsprotektorat über den Kongo. Aus UN-Sicht könnte dies vielleicht mafiöse Strukturen aufbrechen. Aber aus kongolesischer Sicht wäre es eher die Perfektionierung der ausländischen Übernahme des Kongo, die viele Kongolesen für die eigentliche Ursache der Tragödie ihres Landes halten.
Der UN-Bericht im Internet: www.un.org/Docs/sc/reports/2001/sgrep01.htm
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