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„Ich lass' mich nicht jagen“

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram über die Aufgaben ihrer Behörde, welche „die Schwachen vertritt“  ■ Von Kaija Kutter und Sandra Wilsdorf

Die Teilungen sind vollzogen, der Behördenzuschnitt steht: Ges-tern äußerte sich Hamburgs neue Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) zu den Perspektiven ihrer Behörde, die nach einer Schrumpfkur künftig eine reine Sozialbehörde sein wird, „welche die Schwachen in dieser Stadt vertritt“. Die Senatorin räumte allerdings ein, dass die Aufteilung der Behörde auch Kräfte binde, die sie lieber für die inhaltliche Arbeit eingesetzt hätte. Die Abteilung Arbeitsmarktpolitik geht an die Wirtschaftbehörde, das Gesundheitsamt zur Umweltbehörde. Was bleibt, ist – ergänzt um den Löwenanteil des Amtes für Jugend – immer noch ein großer Apparat.

„Ich merke immer mehr Wärme im Umgang im Haus“, berichtet die CDU-Politikerin drei Wochen nach Amtsantritt. Zu den „heißen Eisen“, egal ob Dezentralisierung von Obdachlosenunterkünften oder geschlossene Heime für Jugendliche, äußert sich die erfahrene Politfrau noch nicht. Dazu würden Konzepte erabeitet, und das brauche Zeit: „Ich lasse mich nicht jagen“, sagt sie – wohl auch an die Adresse ihrer Senatorenkollegen. Sie setzt bei Neuerungen auch auf das Know-how ihrer MitarbeiterInnen: „Es ist nicht so, dass ich hier nur Gedanken vorfinde, die ich nicht brauchen kann.“ Ihre Vorstellungen im Einzelnen:

Arbeitsmarkt: Während künftig der Wirtschaftssenator für klassische ABM-Maßnahmen des Arbeitsamtes zuständig ist, übernimmt Schnieber-Jastram die über den Sozialhilfe-Etat finanzierten Initiativen. Dazu gehört auch der städtische Beschäftigungsträger Hamburger Arbeit (HAB), von der CDU seit langem als Hort des SPD-Filzes kritisiert. „Ich sage nicht, heute komme ich und morgen ist es mit der HAB zu Ende“, beruhigt die neue Senatorin. Auch habe sie gehört, „dass die HAB eine Menge leistet“. Und darauf soll es in Zukunft noch mehr als bisher ankommen. Schnieber-Jastram will mehr Wettbewerb unter den Trägern. In Zielvereinbarungen sollen sie sich auf Quoten verpflichten, wieviele Menschen sie auf dem ersten Arbeitsmarkt unterbringen, je schwieriger die Klientel, desto weniger. „Man kann nicht die Trägerkultur einfach so fortschreiben“, sagt die Senatorin. Das heiße andererseits aber auch nicht, dass alle sofort auf den Prüfstand kommen.

Sozialhilfe: Als „spannend“ bezeichnet Schnieber-Jastram den Sozialhilfebereich, bescheinigt aber auch der rot-grünen Regierung, hier „gute Ideen“ gehabt zu haben. Bisherige Beratungsangebote sollten „in Zentren gebündelt“ werden. Das Credo: „Wer will und nicht kann, der wird Leistung erhalten. Wer aber arbeiten kann und nicht will, dem werden wir die Sozialhilfe kürzen.“ Für sie habe Motivation jedoch Vorrang vor „Laub harken für drei Mark die Stunde“. SozialhilfeempfängerInnen müssten Arbeits- und Qualifizierungsangebote bekommen, BeraterInnen müssten „Ursachenforschung“ betreiben.

Jugend: Sehr schnell werde ein „gestuftes Konzept“ erarbeitet, dass auch geschlossene Heime beinhaltet. Aber auch der „Hilfebereich“ sei wichtig. „Wir gucken erst mal, was wir in Hamburg haben. Ich möchte wissen, was an präventiver Beratung für Eltern gemacht wird.“ Häuser der Jugend sollen zudem „zu den Zeiten geöffnet haben, in denen die Jugendlichen Freizeit haben“.

Familie: Als Frauensenatorin wolle sie dafür sorgen, „dass es in dieser Stadt keine Frau gibt, die wegen ihrer Kinder keine Arbeit findet“. Dafür solle es „ausreichend und flexible“ Betreuungsmöglichkeiten geben. Die Zuständigkeit für den Kita-Bereich hat zwar Bildungssenator Rudolf Lange (FDP), doch die Stimmung im Senat sei nicht so, „dass man nicht zusammenarbeiten kann“.

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