: Die nächste Hürde für die Koalition
Innenminister der Länder fordern drastische Verschärfungen beim Sicherheitspaket der Bundesregierung. Schily lässt die Vorschläge prüfen. Grüne glauben an Einigkeit der Koalition, SPD-Innenpolitiker hält sich noch ein Hintertürchen offen
von LUKAS WALLRAFF
Die Koalition kommt nicht zur Ruhe. Kaum hat die grüne Basis den Bundeswehreinsatz in Afghanistan „akzeptiert“, da droht schon wieder neues Ungemach: Wie am Wochenende bekannt wurde, versuchen die Innenminister der Länder, drastische Verschärfungen beim Sicherheitspaket II von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) durchzusetzen. Einer entsprechenden Nachbesserungsliste der Union stimmten im Innenausschuss des Bundesrats auch einige SPD-Länderminister zu. Schily versprach, die Vorschläge zu „prüfen“. Nach Angaben seiner Sprecherin wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, „die sich mit den Anträgen auseinander setzt“.
Sollte Schily auf die Forderungen eingehen, ist neuer Streit mit den Grünen programmiert. Denn die „Empfehlungen“ aus dem Bundesrat torpedieren den Kompromiss, auf den sich SPD und Grüne mühsam geeinigt hatten. Laut Süddeutscher Zeitung verlangt eine Mehrheit der Innenminister deutlich mehr Befugnisse für die Geheimdienste. So sollen künftig auch die Verfassungsschutzämter der Länder Zugriff auf Daten von Banken, Fluggesellschaften und Kommunikationsunternehmen bekommen. Außerdem wollen die Innenminister die neuen Gesetze auf Fälle „des gewaltfreien Inlandsextremismus“ ausweiten – und die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments einschränken. Von einer Überwachung der Anti-Terror-Maßnahmen durch die Grundrechte-Kommission des Bundestags halten die Länderminister nichts. Auch die vorgesehene Befristung der neuen Gesetze auf fünf Jahre soll weg.
Politiker von SPD und Grünen wiesen diese Forderungen gestern zurück. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, sagte der taz: „Beide Koalitionsfraktionen sind sich einig, dass es Verschärfungen an dem Sicherheitspaket nicht geben soll.“ Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz will an dem geplanten Sicherheitspaket festhalten, „nicht weil die Grünen das so wollen, sondern weil es in der Sache richtig ist“.
Bei der Kontrolle und Befristung der Gesetze müsse es bleiben, betonte Wiefelspütz. Weil er aber weiß, dass Schily eine Mehrheit im Bundesrat braucht, hält er sich ein Hintertürchen offen: „Natürlich hören wir uns die Länderwünsche an.“ Und eine Ausweitung der Kompetenzen für die Verfassungsschutz-Landesämter will er nicht ausschließen: „Darüber müssen wir nochmal genauer reden.“
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