krieg gegen den terror
: Neue Ziele, neue Methoden

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass irgendein Diplomat oder Militär in irgendeinem führenden Mitgliedsland der globalen Anti-Terror-Koalition sich laut über irgendwelche Länder äußert, die nach Afghanistan Ziel irgendwelcher Militäraktionen sein könnten: Irak, Somalia, an diesem Wochenende in der britischen Presse auch Jemen und Sudan. Was hat das für einen Sinn? Kluge Militärs reden nicht über ihre Strategie – sie setzen sie um. Über nächste Kriegsziele zu spekulieren hat keinen militärischen Wert, sondern propagandistischen. Aber welchen?

Kommentarvon DOMINIC JOHNSON

Am Wochenende wurde zum ersten Mal eine der zahlreichen Andeutungen Realität. Drei Wochen nachdem die Washington Post über eine US-unterstützte Militärintervention Äthiopiens in Somalia spekuliert hatte, begann ebendiese. Ein völlig unbedeutender somalischer Warlord namens Abdullahi Jussuf avancierte plötzlich zur Schlüsselfigur in der Abwehr gegen den Terror. Der selbst ernannte Islamistenfresser soll jetzt die Kontrolle über die „Republik Puntland“ zurückgewinnen – den Nordosten Somalias am Horn von Afrika, strategisch wichtig für mögliche Fluchtrouten Bin Ladens, zu deren Überwachung die USA bereits Schiffskontrollen in den Häfen Pakistans vornehmen. Es ging ganz ohne Luftangriffe, allein durch Ausnutzung lokaler Machtkämpfe für höhere Ziele. Ganz so wie früher, zu Zeiten des Kalten Krieges.

Die Ausweitung des Krieges gegen den Terror ist also längst im Gange. Wir merken es nur nicht. Dabei ergibt das Gerede über Kriegsziele und kommende Bundeswehreinsätze jetzt endlich Sinn: Je überzeugter wir sind, die nächsten Aktionen stünden noch bevor, desto leichter übersehen wir die Schritte, die bereits hinter uns liegen.

Das Starren auf eine Wiederholung des Afghanistan-Szenarios in Irak oder Somalia ist vergeblich. Im Krieg gegen den Terror geht es nicht um ein Land, sondern um ein Netzwerk, das sich der geografischen Lokalisierung entzieht. Die Luftangriffe auf Afghanistan waren vermutlich nichts weiter als eine Episode und wohl nicht einmal eine typische. Der Natur des Konflikts angemessener ist ein Stellvertreterkrieg wie der in „Puntland“ oder die ökonomische Knebelung Somalias, die die USA mit der Schließung somalischer Banken betreiben.

Jedes neue Kriegsziel erfordert neue Methoden. Aber solange wir denken, der große Knall käme erst noch, werden wir sie immer erst hinterher erkennen.

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