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Eine Runde voller Hoffnung

Die Delegierten auf der Konferenz zur Zukunft Afghanistans kommen schnell zur Sache: Erste Erfolge am ersten Tag. Ein Zeitplan wird abgesteckt

aus Königswinter SVEN HANSEN

Als Bundesaußenminister Joschka Fischer und der UNO-Sonderbotschafter Lakhdar Brahimi die „Gespräche über Afghanistan“ genannte Konferenz bei Bonn eröffnen, ist der Tagungsort ganz in Wolken gehüllt. Von dem am Rhein-Ufer vor Königswinter verankerten Presseschiff ist das weiträumig abgesperrte Hotel Petersberg auf dem 330 Meter hohen Gipfel nicht zu sehen. Dort appellieren Brahimi und Fischer mit den Worten des UN-Generalsekretärs Kofi Annan an die um den runden Tisch in der Rotunde des noblen Hotels versammelten 25 Afghanen und ihre Berater: „Sie dürfen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen.“ Vormals ausgeschlossene Gruppen, insbesondere Frauen, sollten künftig einbezogen werden, fordert die UNO. Das wollen auch einige demonstrierende Frauen am Fuße des Petersbergs.

Die Situation afghanischer Frauen, von denen drei vertreten sind, spricht auch Fischer an. Sie müssten ihre Rechte und Würde zurückerhalten, fordert er und verspricht, dass die Bundesrepublik sich bei ihrer künftigen Hilfe auf die Einbeziehung von Frauen und Mädchen in den Wiederaufbau konzentrieren werde. „Schließen Sie einen wahrhaft historischen Kompromiss“, fordert Fischer. Die Konferenz bezeichnet er als „große Chance zum Frieden und Wiederaufbau“.

Die afghanischen Delegierten sind ganz in westliche Anzüge gekleidet. Der Sprecher der so genannten Peschawar-Gruppe, Sayed Hamed Gailani vom gleichnamigen paschtunischen Clan, spricht seine Grußworte in Englisch. Die in den anderen Konferenzsprachen Paschtu und Dari gehaltenen Worte der Delegationsleiter der Nordallianz, der Rom- und der Zyperngruppe werden für die Journalisten von der improvisierten und überforderten Technik nicht übersetzt. Danach werden die Medien ohnehin ganz ausgesperrt. Schließlich hatte Brahimi bewusst das ehemalige Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg als Konferenzort gewählt, weil man hier die Delegationen besser abschirmen kann.

Am frühen Nachmittag haben sich die tiefen Wolken verzogen, das Hotel Petersberg leuchtet gelegentlich gelb in der Sonne. Brahimis Sprecher Achmad Fausi verbreitet großen Optimismus. Beim zweiten Plenum hätten alle Delegationsleiter vom „Beginn einer neuen Ära“ gesprochen und ihren „Durst nach Frieden“ betont, berichtet er. Dann sei der gemäßigte Paschtunenführer Sayed Hamid Karzai aus Südafghanistan per Satellitentelefon zugeschaltet worden. Auch er hätte an die Einigkeit der Afghanen appelliert.

Laut Fausi hätten sich die Delegationen darauf verständigt, in drei bis fünf Tagen die Verhandlungen erfolgreich zu beenden. „Zeit ist substanziell“, so Brahimi. Auch auf die Tagesordnung habe man sich schnell geeinigt. Punkt eins ist eine Verständigung über die Struktur und Dauer des Übergangs. Ein provisorischer Regierungsrat samt einer provisorischen Verwaltung soll in den nächsten drei bis sechs Monaten die Geschicke des Landes lenken, eine vorläufige große Stammesversammlung und (Loya Jirga) möglichst noch im Frühjahr einberufen werden. Diese könnte dann eine Übergangsregierung einsetzen (siehe Kasten). Punkt zwei der Bonner Tagesordnung sind Maßnahmen zur „Sicherheit der Menschen in Afghanistan“. Hierunter fällt die Frage der Stationierung einer ausländischer Friedenstruppe, die bisher von der Nordallianz abgelehnt, aber von der Rom-Gruppe des Exkönigs gefordert wird.

Knifflige Probleme gibt es noch genug. Aus Delegationskreisen verlautete, dass das bisante Problem der Entwaffnung von Milizen bereits angesprochen worden sei. Die Nordallianz habe darauf gedrungen, den Einfluss Pakistans auf die künftige Staatsordnung zu beschneiden. Andere Gruppen forderten, die Schlüsselministerien Verteidigung und Inneres dürften nicht von der Nordallianz allein besetzt werden.

Der Rhythmus der Verhandlungen wird außer dem Wechsel von Gesprächen in kleinen und großen Kreisen, den Botengängen der UN-Gesandten zwischen den Gruppen und Kontakten nach außen vom Ramadan bestimmt. Ab 22 Uhr wartet auf die fastenden Delegierten ein sechsgängiges Iftar-Menü. Zweifel daran, dass die Vertreter der vier Gruppen womöglich keine große Autorität haben und sich in Afghanistan niemand an die von ihnen getroffenen Vereinbarungen gebunden fühlen könnte, zerstreut Fausi: „Wir sind sehr zufrieden mit der Zusammenstellung der Delegationen. Es sind die besten Leute, die wir in der Zeit bekommen konnten.“

Die für Dezember in Berlin und für Januar in Tokio angesetzten Treffen der Geberstaaten werden sehr genau darauf achten, welche Botschaft von Bonn ausgehe, sagte Fausi. In der Sprache der Diplomaten heißt dies: Nur ein akzeptables Ergebnis in Bonn wird dazu führen, dass die in Aussicht gestellte Wiederaufbauhilfe auch wirklich zur Verfügung steht. Offen bleibt, ob dies nicht nur auf dem Petersberg, sondern auch in Afghanistan so verstanden wird.

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