: Cobra-Einsatz der USA
Hubschrauberangriffe auf Taliban bei Kandahar. USA senden Marineinfanteristen mit dem Ziel, Ussama Bin Laden zu fassen. Russische Soldaten in Kabul. Schwedischer Journalist getötet
Die USA haben gestern ihre Truppen nahe der letzten Taliban-Hochburg, Kandahar in Südafghanistan, verstärkt. Laut US-Armee sind am Montag rund 500 Elitesoldaten der 26. Marineinfanterie-Einheit auf einen Flugplatz nahe Kandahar verlegt worden. Nach Angaben von US-Verteidigungsminister Rumsfeld sollen ihnen noch über 500 weitere Marines folgen. Von dem Flugplatz aus wollen die USA nach dem vermutlichen Drahtzieher der Attentate vom 11. September, Ussama Bin Laden, fahnden. Wenige Stunden bevor in Bonn die Afghanistan-Konferenz begann, lieferten sich die US-Soldaten am Montag erste Kämpfe mit Angreifern.
Die US-Marines griffen mit Hilfe von Kampfhubschraubern des Typs „Cobra“ einen Konvoi der Taliban mit rund 15 Fahrzeugen an, der sich dem Flugplatz näherte. Mehrere Fahrzeuge wurden zerstört. Helikopter des Typs AC-130 flogen nach Augenzeugenberichten auch Angriffe auf Kandahar. Taliban-Sprecher Maulwi Abdullah sagte der afghanischen Nachrichtenagentur AIP zufolge: „Wir haben beschlossen, die US-Streitkräfte bis zu unserem letzten Atemzug zu bekämpfen.“ Der Anführer der Taliban, Mohammad Mullah Omar, sei in Kandahar und kommandiere seine Truppen.
Bezüglich des Einschwörens der eigenen Truppe auf einen Sieg über den Gegner stehen die USA den Taliban jedoch in nichts nach. Womöglich wird auf dem Flugfeld nahe Kandahar bald jene US-Flagge gehisst, die noch auf dem Gelände des zerstörten World Trade Centers weht. Angehörige von Opfern versahen sie mit Aufforderungen an die Truppen – „Macht die Hölle los, Jungs“. Nach Angaben eines Militärsprechers soll die Flagge noch in dieser Woche an die 26. Marineinfanterie-Einheit geschickt werden.
Die USA ließen eine kleine Journalistengruppe zu dem Stützpunkt unter der Bedingung, nicht über dessen genaue Lage und geplante Operationen zu berichten. Die Basis liegt in einem abgelegenen Wüstenstrich, die einzigen sichtbaren Lichter sind die Markierungen der Landebahn. Zu dem Flughafen gehören eine Moschee und eine große Halle, die als Hangar genutzt werden kann. Bewohner der Region sagten, bei dem Komplex handele es sich um den Dolangi-Flugplatz, den Bin Laden gebaut und benutzt habe.
Unterdessen ist eine bewaffnete russische Einheit in der Nacht zum Dienstag in der afghanischen Hauptstadt Kabul gelandet und hat dort großes Aufsehen errregt. Die 90 Mann gehören zum Ministerium für Katastrophenschutz und haben die Aufgabe, ein Lazarett aufzubauen sowie die russische Botschaft wieder benutzbar zu machen, sagte ein Angehöriger der Truppe. Es handele sich nicht um eine Armeeeinheit. Sie schlug ein Lager auf einem freien Platz hinter der deutschen Botschaft auf. Es war von Angehörigen der Einheit umstellt, die Maschinenpistolen und schusssichere Westen trugen. Ein Soldat der Nordallianz bestätigte, die Landung sei abgesprochen gewesen.
Zwölf Jahre nach dem Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen aus Afghanistan verbreitete sich die Nachricht über die Landung der russischen Einheit wie ein Lauffeuer. „Wenn ihr Ziel wirklich ist, Afghanistan zu helfen, sind sie willkommen, aber wenn sie andere Ziele haben, werden sie sie nicht erreichen“, sagte Wahid (22), einer von mehreren hundert Schaulustigen, die sich um den Platz versammelten. Die Sowjetunion war Ende 1979 nach Afghanistan einmarschiert. Das war der Beginn von 22 Jahren Krieg und Bürgerkrieg, in dem das Land zerstört wurde.
Unterdessen ist gestern ein schwedischer Fernsehreporter in Nordafghanistan getötet worden. Ulf Strömberg arbeitete für den Sender TV4 und berichtete für ihn über die Belagerung der Stadt Kundus. Er ist der achte Journalist, der seit Beginn des Afghanistankriegs ums Leben kam.
Ein Journalist der schwedischen Zeitung Aftonbladet, Rolf Porseryd, der sich mit Strömberg ein Zimmer teilte, berichtete, zwei Bewaffnete seien in ihr Haus eingebrochen und hätten Kameras, Computer, ein Satellitentelefon und Geld gestohlen. Dann seien sie zu dem Zimmer gegangen, in dem Strömberg geschlafen habe, berichtete Porseryd. Als Strömberg öffnete, ertönte ein Schuss. „Ich bin getroffen“, rief er und brach zusammen. Er habe mit Kollegen noch versucht, ihn wiederzubeleben, und ihn in eine Klinik gebracht. Dort sei er aber von den Ärzten für tot erklärt worden.
RTR/DPA/AP
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