piwik no script img

9. november 1989

Verteidigung der Schrippen

Regine Hildebrandt hat immer gerne erzählt, wie begeistert sie war, als in der Nacht des Mauerfalls an der Bornholmer Straße in Ost-Berlin eine Bäckerei öffnete und ihre Waren ofenwarm an die zur Grenze strömenden Menschen verkaufte. In dieser Bäckerei waren wir auch. Gemeinsam mit einer Mitbewohnerin hatte ich mich vom Westen aus an den Grenzsoldaten vorbei in den Osten gedrängt. Aus der Schlange vor dem Bäckereitresen erklang plötzlich eine schneidende Stimme: „Da müssen wir aber aufpassen, dass uns die aus dem Westen nicht unsere billigen Schrippen wegkaufen!“ Eine Volkstribunin mit aschblondem Haar schaute herum, und die Umstehenden nickten entschlossen. Wir aber hatten nur Westgeld. Brötchen kaufen haben wir uns dann nicht mehr getraut.

DIETMAR BARTZ

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen