Schröder will nicht über neue Ziele reden

Kanzler mahnt zur Vorsicht. USA und Russland einigen sich auf Verlängerung der UN-Sanktionen gegen den Irak

BERLIN/LONDON afp/rtr/dpa Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat vor einer Ausweitung des „Anti-Terror-Krieges“ auf andere Länder als Afghanistan gewarnt. Im Bundestag rief Schröder gestern zur Vorsicht auf bei Äußerungen, „die jetzt schon neue Ziele suchen“. Mit Blick auf Diskussionen um einen Einsatz gegen den Irak sagte der Kanzler, insbesondere sei Vorsicht bei „neuen Zielen im Nahen Osten“ geboten. „Da könnte uns mehr um die Ohren fliegen, als wir in der Lage wären zu tragen.“

Auch SPD-Fraktionsvize Gernot Erler warnte vor einer Ausweitung des Krieges. Ein Angriff auf Irak wäre „mit Sicherheit das Ende der großen politischen Allianz gegen den Terrorismus“. Schröder und Erler reagierten damit offenbar auf Spekulationen, Irak könnte nach Afghanistan das nächste Ziel des US-Feldzuges gegen den Terrorismus sein. US-Präsident George W. Bush hatte am Dienstag Irak mit Nachdruck aufgefordert, wieder UN-Rüstungskontrolleure ins Land zu lassen.

Die britische Regierung sprach sich ebenso gegen eine Ausweitung des US-Krieges gegen Afghanistan auf andere Staaten aus, so lange es keine Beweise für deren Verwicklung in die Anschläge in den USA gebe. Die Angriffe seien ein militärischer Einsatz, der direkt auf die Verantwortlichen der Massenmorde vom 11. September ziele, sagte der parlamentarische Staatssekretär des Außenministeriums Ben Bradshaw gestern vor dem Parlament in London. „Ich finde nicht, dass es hilfreich ist, über eine mögliche Ausweitung der Angriffe zu spekulieren“, sagte Bradshaw weiter. Die türkische Regierung schwächte dagegen ihre entschiedene Ablehnung einer Militäraktion gegen den Irak erstmals ab. Verteidigungsminister Sabahattin Cakmakoglu schloss nach den jüngsten Warnungen Washingtons an die Adresse Bagdads eine „Neubewertung“ nicht aus.

Unterdessen verständigten sich die USA und Russland auf eine Neuregelung der UN-Sanktionen gegen den Irak. Zunächst solle das Embargo in dieser Woche um sechs Monate verlängert werden, hieß es in diplomatischen Kreisen in New York. Zugleich sehe die zwischen Moskau und Washington abgestimmte Resolution vor, bis Juni kommenden Jahres eine konkrete Liste von Waren zu erstellen, die der Irak nicht ohne ausdrückliche UN-Genehmigung einführen darf. Darin nicht genannte Güter soll das Land hingegen künftig einfacher importieren können.

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