: Kita-Card für Studierende
Uni-Präsident Jürgen Lüthje: Studenten sollen für Bildungsgutscheine bezahlen. Reiche mehr, arme weniger ■ Von Kaija Kutter
Die Frage ist längst nicht mehr ob, sondern wie: Unter Hochschulrektoren ist die Debatte um Studiengebühren schon sehr weit fortgeschritten. Erst vor drei Wochen einigte sich die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Berlin darauf, an mehreren Standorten Pilotprojekte für Gebühren zu starten.
Auch Hamburgs Uni-Präsident Jürgen Lüthje, der gestern abend mit Wissenschaftssenator Jörg Dräger im Audimax über Bildungsfinanzierung diskutierte, ist kein erklärter Gegner von Gebühren. Allerdings favorisiert er ein eigenes Modell. Studierende, so seine Idee, sollen semesterweise „Bildungsgutscheine“ vom Staat erhalten und bei den Universitäten einlösen. Auf diese Weise soll es gelingen, privates Geld an die chronisch unterfinanzierten Hochschulen zu holen, das Studium und Lehre zugute kommt. „Schon mit Bildungsgutscheinen von 1000 Mark pro Jahr könnte die Universität die Mittel für Lehre um 20 Prozent erhöhen“, so Lüthje zur taz-hamburg. Denkbar wären aber auch höhere Beträge. Derzeit zahlt die Stadt für jeden der 40.000 Studenten im Jahr 5000 Mark für Lehraufgaben.
Beim Erwerb der Gutscheine soll es ähnlich wie beim Kita-Beitragssystem eine Eigenbeteiligung geben, die vom Einkommen des Studierenden und seiner Eltern abhängt. Dieses System, so Lüthje, solle nicht zum Studienabbruch führen. „Wer kein oder wenig Geld hat, soll nichts zahlen“. Dies beträfe ungefähr 25 bis 30 Prozent der Studierenden.
Der Vorteil eines Gutscheinsys-tems, wie es in Form der Kita-Card für die Kinderbetreuung diskutiert wird, liegt für Lüthje auch darin, dass Hochschulen einen Anreiz bekommen, die Studenten zu binden. Durch schlichte Halbierung der Gutscheine soll zudem ein Teilzeitstudium unbürokratisch möglich sein. Die Einhaltung von Regelstudienzeiten spielte dabei keine Rolle mehr.
Doch als ersten Schritt möchte Lüthje die Finanzierungs der Lebenshaltenskosten der Studenten auf neue Beine stellen. „Auch nach der Bafög-Reform muss die Mehrheit jobben. Das lenkt die Aufmerksamkeit vom Studium ab“, kritisiert der Uni-Chef. Ein System von staatlich gefördertem Bildungssparen - Analog zum Bausparen - und Bildungsdarlehen, die einkommensabhängig zurückgezahlt werden, soll die Studierenden von dieser Last befreien. Finanziert würde diese staatliche Förderung durch den Wegfall von Kindergeld und Steuervergünstigungen für die Eltern studierender Kinder sowie durch Neugestaltung des Ehegattensplittings.
In weiten Teilen ähneln Lüthjes Pläne den Ideen von Wissenschaftssenator Jörg Dräger. Im Prinzip, so Lüthje, kämen alle Experten zu ähnlichen Modellen: „Nach der Wahl wird dieses Thema im Bund von allen Parteien angegangen.“.
„Keine Lösung“ sei dagegen die im Koalitionsvertrag fixierten Gebühren für Langzeitstudierende. Sollten sie in Hamburg eingeführt werden, so Lüthje, müsste es auch für diese Gruppe ein Darlehenssystem geben und die Chance, auch nach Exmatrikulation eine Prüfung zu machen. Lüthje: „Es macht keinen Sinn, Menschen, die so lange studiert haben, an ihrem Abschluss zu hindern“.
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