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Waffen-Pipelines austrocknen

Der Frieden in Afghanistan gelingt nur, wenn die vielen im Lande vorhandenen Klein- und Leichtwaffen abgegeben werden – wie überall in den Krisengebieten

Die Hersteller müssen den Verbleib ihrerKleinwaffen durchMarkierungen nachvollziehbar machen

Zur unübersichtlichen politischen und militärischen Lage in Afghanistan haben umfangreiche Waffenlieferungen aus dem Ausland in erheblichem Maße beigetragen. Zum Teil liegen sie schon viele Jahre zurück. Daran lässt sich erkennen, wie nichtstaatliche Akteure, die über reichlich Bargeld für den Kauf von Kriegswaffen verfügen, die Macht in einem Staat übernehmen und Demokratie, Menschenrechte sowie die wirtschaftliche Entwicklung beschränken oder zerstören können. Dies zeigt, wie langfristig die Konsequenzen solcher Lieferungen in Krisengebiete zu betrachten sind.

Bewaffnete Konflikte ändern sich: Kriege werden immer weniger mit konventionellen Waffen von regulären Armeen funktionierender Nationalstaaten geführt, sondern mit Klein- und Leichtwaffen von Guerilla, kriminellen oder terroristischen Gruppen. Überschreiten sie nationale Grenzen, weiten sich Machtkämpfe zu regionalen Konflikten und zuletzt zum internationalen Terrorismus aus.

Und obwohl in Afghanistan bereits gewaltige Mengen Kriegsmaterial vorhanden sind, überfluten nun größte unkontrollierte Lieferungen seit der Bewaffnung der Mudschaheddin in den 80er-Jahren das Land. Die Nordallianz, die laut amnesty international die Menschenrechte kaum stärker beachtet als das Taliban-Regime, erhält verdeckte Waffenlieferungen aus einer Reihe staatlicher Quellen.

In der Vergangenheit sind Friedensversuche auch daran gescheitert, dass es nicht gelang, die Leicht- und Kleinwaffen zu vernichten. So war es den Kriegsparteien nach Belieben möglich, den Kampf erneut aufzunehmen. Daher müssen die Demobilisierung der Kriegsteilnehmer und die Vernichtung ihrer Kriegswaffen verkoppelt und als wichtige Elemente jedes Friedensprozesses betrachtet werden. Auch müssen Kriegsparteien und Nachbarstaaten frühzeitig, möglichst als Teil einer Waffenstillstandsvereinbarung, einem Moratorium für weitere Waffenlieferungen zustimmen.

Die Entwaffnung der Kriegsparteien gehört in das Programm für den Wiederaufbau des Landes. Die internationale Staatengemeinschaft muss bei den Gesprächen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit darauf drängen, dass diese Entmilitarisierung bei allen Gruppierungen eine hohe Priorität erhält, und sie muss möglichst bald die Finanzierung dieses Prozesses klären.

Seit dem brutalen Terroranschlag auf die USA am 11. September ist viel von Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung die Rede. Zur Anti-Terror-Kampagne gehört nicht nur das Mittel, Terroristen ihre finanziellen und logistischen Ressourcen zu entziehen, sondern auch das Ziel, die Verbreitung von Klein- und Leichtwaffen in Krisengebiete zu verhindern. Damit wird nicht das Recht souveräner Staaten in Frage gestellt, Alliierte im Kriegsfall zur Selbstverteidigung zu bewaffnen. Dennoch sind die großen Waffen exportierenden Staaten gerade in diesen Fällen zu höchster Eigenverantwortlichkeit aufgerufen, um die Waffen in verlässlichen Händen zu sichern, wenn die Kämpfe eingestellt sind – und zwar besonders diejenigen Waffen, die erst in der jüngsten Zeit geliefert wurden.

Eine solche Politik sollte eingebettet sein in eine international abgestimmte Politik, die Verbreitung von Klein- und Leichtwaffen zu begrenzen und zu kontrollieren. Dazu gehören eine verbindliche Markierung und die Veröffentlichung dieser Information, damit die Herkunft von Waffen festgestellt werden kann. Die Verantwortlichkeit der Regierung des Herstellerlandes beim Export muss gestärkt werden. Besonders wichtig ist es, die Richtlinien für die privatwirtschaftlichen Exporte auch auf Lieferungen des Staates auszudehnen!

Auch muss mehr zur Einhaltung der vom UNO-Sicherheitsrat verhängten Waffenembargos getan werden. Bis heute wurde jedes unterlaufen, auch von Mitgliedern des Sicherheitsrats. Als Ausdruck des politischen Willens, gemeinsam den internationalen Terror zu bekämpfen, wäre die Zusammenarbeit bei der Trockenlegung illegaler Waffen-Pipelines in die Krisenregionen geeignet. So hofft man immer noch auf eine wirksame Unterstützung Russlands bei der Ausschaltung des ehemaligen KGB-Offiziers Viktor Bout, den die UNO als einen führenden internationalen Waffenschieber identifiziert hat. Der von Kreisen des russischen Sicherheitsapparats geschützte Bout betreibt eine Flotte von 50 Transportflugzeugen und unterläuft regelmäßig UNO-Embargos wie derzeit das gegen Liberia, wo er das kriminelle Regime Taylors mit Artilleriegeschützen beliefert, die in Kürze britische Friedenstruppen gefährden könnten.

Die UNO-Konferenz zum illegalen Handel mit Klein- und Leichtwaffen im Juli wäre fast daran gescheitert, dass einige Lieferländer nicht willens waren, ihren Export dieser Güter transparent zu gestalten. Um die Konferenz in letzter Minute zu retten, mussten afrikanische Länder auf ihre Forderung verzichten, Lieferungen an nichtstaatliche Akteure einzustellen. Dabei werden gerade die chronischen Kriege Afrikas nicht zuletzt wegen der Bodenschätze geführt und von einer gefährlichen Allianz krimineller kommerzieller und korrupter politischer Interessen mit den Erlösen aus Diamanten- oder Ölexporten weiterfinanziert. Dafür sind die Waffenlieferungen unabdingbar, die es nun zu unterbinden gilt.

In Zusammenarbeit mit führenden Herstellern von Rüstungsgütern arbeitet die Eminent Persons Group, eine dem UN-Generalsekretär nahe stehende Kommission internationaler Persönlichkeiten unter Vorsitz des langjährigen OAU-Generalsekretärs Salim Ahmed Salim und des malischen Staatspräsidenten Alpha Oumar Konare, im „Pariser Prozess“ an der Verwirklichung der von Kofi Annan im Jahrtausendbericht der UNO geforderten Regelung zur Nichtverbreitung von Klein- und Leichtwaffen. Zu diesem Zweck haben sich die an diesem Pariser Prozess beteiligten privatwirtschaftlichen Hersteller auf freiwilliger Basis zu einem über die Forderungen der UN-Konferenz hinausgehenden Maßnahmenkatalog verpflichtet, den es nun umzusetzen gilt.

Afghanistan wird von den größten unkontrollierten Waffenlieferungen seit den 80er-Jahren überflutet

Es wird schwierig werden, in den kommenden Jahre einen internationalen Vertrag zur Nachweisbarkeit von Waffenlieferungen durch Markierung und Informationsaustausch zu schließen. Deswegen sollten die Hersteller ihre eigenen Empfehlungen ausbauen, um auf die Schieber Druck auszuüben und deren Machenschaften einzustellen. Da mehr als 90 Prozent illegal verschobener Waffen dem legalen Handel entrinnen, sind Hersteller in besonderem Maße aufgerufen, den Endverbleib sicherzustellen.

Hier sind Regierungen und Wirtschaft zur Zusammenarbeit aufgerufen. Dazu gehört auch die Beteiligung staatlicher Hersteller. Die Unterstützung des Pariser Prozesses durch die Regierungen führender produzierender wie exportierender Staaten ist dafür unabdingbar.

BENAZIR BHUTTO ALBRECHT GERO MUTH

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