: Katangas Schatten schwebt über Kabila
Ausgerechnet aus ihrem Kernland wird Kongos Regierung bedroht: Im reichen Katanga regt sich Opposition bis hin zu einer Sezessionsbewegung
von DOMINIC JOHNSON
Die Krise in der Demokratischen Republik Kongo, deren Friedensprozess auf der Stelle tritt, nimmt eine unerwartete Wendung. Ausgerechnet in Kongos Südprovinz Katanga, Heimat des ermordeten Präsidenten Laurent-Désiré Kabila mit riesigen Bergbauvorkommen, formieren sich bewaffnete Dissidenten.
Zentrale Figur dabei ist nach kongolesischen Presseberichten Raphael Soriano Katebe Katoto, zu Zeiten des 1997 von Kabila gestürzten Diktators Mobutu Sese Seko einer der reichsten Geschäftsleute Katangas. Katebe, halb Kongolese und halb Israeli, hat sich nach französischen Rundfunkberichten nach Sambia abgesetzt, wo zahlreiche kongolesische Flüchtlinge leben. Dort richtete er nahe der Grenze zu Katanga ein militärisches Trainingslager ein. Nach Angaben der kongolesischen Zeitung Le Phare half ihm dabei sein Bruder Moise Katebe, Veteran der israelischen Armee und Ehemann einer Verwandten des sambischen Präsidenten Frederick Chiluba.
Katebe ist eine der schillerndsten Figuren des Kongo. Zu Mobutu-Zeiten war er eine Größe des katangischen Fischhandels und Präsident des wichtigsten Fußballklubs von Zaire. Er bereicherte sich durch exklusive Lieferverträge mit der Firma Gécamines. Der größten Staatsfirma des Kongo gehören Katangas riesige Kupfer- und Kobaltminen, einst der Stolz des Landes und heute weitgehend stillgelegt. Von Mobutu wurde Gécamines unter anderem durch den Zwang zu überhöhten Zahlungen an regimenahe Lieferanten in den Ruin getrieben. Als 1997 Laurent Kabilas Rebellen Mobutu stürzten, floh Katebe ins Ausland. 1999 wurde er von Kabila enteignet und nahm Kontakte zu den von Ruanda unterstützten Rebellen auf, die 1998 den Kampf gegen Kabila aufgenommen hatten und jetzt die Osthälfte des Kongo inklusive der Nordosthälfte Katangas kontrollieren.
Zu Lebzeiten Laurent Kabilas hatten es dessen katangische Gegner schwer, weil der Präsident als „Sohn Katangas“ galt und sich mit katangischen Generälen und Offizieren umgab. Für seinen Sohn und Nachfolger Joseph Kabila gilt das nicht: Er wuchs im Exil auf und wurde von seinem Vater gegen den Willen hoher Generäle zum Oberkommandierenden der Armee hinaufkatapultiert. Nachdem Laurent Kabila am 17. Januar dieses Jahres ermordet wurde und Joseph Kabila die Macht übernahm, wurden die wichtigsten katangischen Minister und Militärs entlassen, und einige von ihnen wurden sogar der Beteiligung an dem Mord verdächtigt.
Proteste gegen den Ausverkauf der Minen
So formiert sich in Katanga jetzt Widerstand gegen Joseph Kabila. Zahlreiche Politiker der Provinz werfen ihm vor, zusammen mit den in Katanga stationierten Truppen aus Simbabwe die Bergbauunternehmen der Region weiter auszuplündern. Ende Oktober beschwerten sich die Gewerkschaftler der „Gécamines“, die ausländischen Geschäftspartner der Firma – vor allem der Belgier Georges Forrest – „amputieren die Gécamines ihrer produktivsten Einheiten“ und „nutzen kostenlos ihre Infrastruktur und genießen gesetzeswidrig ihre Steuer- und Zollvorteile“, während der Mutterkonzern kein Geld habe, seine 24.000 Arbeiter zu bezahlen. Es gab von der Polizei niedergeknüppelte Protestmärsche, auf denen Katebe Katoto zur Rückkehr aufgefordert wurde.
Die Proteste folgten auf die Verhaftung des erst im August ernannten neuen Generaldirektors von Gécamines, Monga Yumba, am 22. Oktober, weil er dem flüchtigen Katebe eine Altschuld von einer Million Dollar bezahlt hatte. Wenige Tage zuvor hatte Katebe für Furore gesorgt, als er auf der ersten Runde des „innerkongolesischen Dialogs“ in Äthiopien auftauchte und sich als zukünftiger Staatschef ins Gespräch brachte – eine Position, die Amtsinhaber Joseph Kabila keinesfalls hergeben will. Seitdem wurden weitere Freunde Katebes verhaftet und kamen in ein Militärgefängnis in Kinshasa.
Der Bruch zwischen Kabila und Katanga erhält zusätzliche Brisanz dadurch, dass in den Reihen von Kabilas katangischen Gegnern Politiker stehen, die in den 60er-Jahren an der von Belgien unterstützten Sezession Katangas unter Moise Tshombe beteiligt waren. Das Gespenst einer Neuauflage der Katanga-Sezession dürfte Kongos Politiker elektrisieren, die sich auf einen neuen „innerkongolesischen Dialog“ ab 28. Januar im ehemaligen südafrikanischen Homeland Bophutatswana vorbereiten.
Sollte diese Dialogrunde ebenso scheitern wie die letzte, könnte in Katanga Krieg ausbrechen. Ende Oktober meldete sich aus Sambia eine Organisation zu Wort, die die Unabhängigkeit Süd-Katangas forderte und „die Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten seit dem Scheitern des Sezessionsversuchs“ verurteilte. Die Bewegung kündigt „die Ausarbeitung eines Regierungsprogramms im Hinblick auf das abzusehende Scheitern des innerkongolesischen Dialogs“ an.
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