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Postsozialisten setzten auf Pisa

In Sachen Bildung erhofft sich die PDS bei den Koalitionsverhandlungen Rückendeckung von der Schulstudie. Auch GEW, Grüne und CDU betonen: Es darf nicht gespart werden

Für die Koalitionsverhandlungen im Bereich Bildung kommt „Pisa“ wie gerufen. Das meint zumindest die schulpolitische Sprecherin der PDS, Sieglinde Schaub. Denn bei internationalen Vergleichsstudien haben deutsche Schüler verheerend abgeschnitten und gezeigt: Bei der Bildung, besonders bei der für Kinder aus sozial schwachen und nichtdeutschen Familien, darf nicht gespart werden.

Und genau mit dieser Forderung will die PDS in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD gehen. Die Sozialisten wollen die rund 2.150 Lehrerstellen, die bis 2006 durch den Schülerrückgang frei werden, weitgehend erhalten. Ein Teil dieser Stellen soll an Grundschulen in sozialen Brennpunkten eingesetzt werden. „Dort wollen wir in der ersten und zweiten Klasse die Anzahl der Schüler halbieren“, sagt Schaub. Ein anderer Teil der Stellen soll für Sozialarbeiter frei gemacht werden, die man ebenfalls an den Schulen einsetzen will. Zudem müssten Kitas endlich als Bildungseinrichtungen begriffen und qualitativ verbessert werden. Die PDS lehnt Kürzungen bei den Kitas, wie sie von der Ampel verhandelt worden waren, ab. Sie will die Hälfte aller Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft behalten.

Auch die GEW appelliert an die künftige Landesregierung, Konsequenzen aus „Pisa“ zu ziehen. „Besonders in der frühkindlichen Erziehung muss viel gemacht werden“, sagte gestern der amtierende GEW-Chef Dieter Haase. Kitas dürften nicht länger als Verwahranstalten begriffen werden. Sie brauchten mehr Geld und besser ausgebildete ErzieherInnen. In den Grundschulen sei eine Absenkung der Klassengrößen dringend vonnöten. Außerdem müsse die Ganztagsschule weiter ausgebaut werden.

Ähnlich argumentieren auch die Grünen. Özcan Mutlu, der schulpolitische Sprecher, fordert, in Problemgebieten gezielt zu fördern. Besonders auf interkulturelle Erziehung müsse endlich mehr Wert gelegt werden. Der ehemalige Kultursenator und heutige CDU-Abgeordnete Christoph Stölzl hält ein Entrümpeln der Lehrpläne für überfällig. Man müsse den Kindern weniger Lerninhalte beibringen als viel mehr die Techniken, wie sie sich solche Inhalte erarbeiten können.

Unterdessen sieht Schulsenator Klaus Böger (SPD) die Stadt mit den begonnen Schulreformen auf dem richtigen Weg. Seiner Ansicht nach müssen vor allem benachteiligte Kinder verstärkt gefördert werden und muss die Grundbildung in Kitas und Grundschulen verbessert werden. Wie dies umgesetzt werden soll, dazu wollte sich Bögers Sprecherin gestern nicht äußern. Zunächst müsse man die Koalitionsverhandlungen abwarten.

Von den 55.000 deutschen SchülerInnen im Alter von 14 und 15 Jahren, die sich an der Untersuchung beteiligt haben, kommen 3.500 aus Berlin. Zum ersten Mal wird es im Rahmen von „Pisa“ auch einen Vergleich zwischen den Bundesländern geben. Diese Ergebnisse werden im Herbst 2002 vorgestellt.

SABINE AM ORDE

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