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Atomkritiker darf Atomfreund nun doch ablösen

Im zweiten Anlauf wird der Physiker Lothar Hahn aus dem Öko-Institut hauptamtlicher Chef der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit

FRANKFURT taz ■ Er hat es endlich geschafft. Achtzehn Monate hatte der atomkritische Physiker Lothar Hahn vom Öko-Institut in Darmstadt als ehrenamtlicher Vorsitzender der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) im Wartestand verharren müssen. Gestern berief ihn der GRS-Aufsichtsrat unter Vorsitz von Umweltstaatssekretär Rainer Baake (Grüne) zum hauptamtlichen wissenschaftlichen Geschäftsführer des Gremiums, das die Bundesregierung in Atomfragen berät.

Hahn sollte eigentlich schon im Frühsommer 2000 einer der beiden GRS-Geschäftsführer werden. Doch die überwiegend konservativen und atomfreundlichen Mitglieder des Aufsichtsrats sahen damals die Zeit für einen passionierten Gegner der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie noch nicht gekommen. Sie blockten Hahn ab. Und weil es die neue Bundesregierung verabsäumte, den Arbeitsvertrag rechtzeitig zu kündigen, konnte sich auch der christdemokratische Kommunalpolitiker Walter Leder bis heute an der Spitze der GRS halten. Jetzt läuft der Arbeitsvertrag des zweiten Geschäftsführers aus. Adolf Birkhofer, ausgewiesener Befürworter der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie, geht in den Ruhestand. Und der ebenso ausgewiesene Atomkraftgegner Hahn wird sein Nachfolger.

Aus der GRS selbst kommt kein Widerstand mehr. Die internen Kritiker loben heute den Sachverstand des eher ruhigen, sachorientiert arbeitenden Physikers. Den hat Hahn unter anderem bei der Suche nach den Ursachen der zahlreichen Pannen und Störfälle in den AKWs Philippsburg und Biblis und im Rahmen der GRS-Recherchen nach dem Plutoniumdiebstahl aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe (WAK) unter Beweis gestellt.

Im Hause Hahn wird heute gefeiert: mit einer Flasche Sekt aus ökologischem Weinbau. Die hauptamtliche Position sichert endlich auch die ökonomische Basis der Familie – nach langen Jahren nicht ganz so gut bezahlter Arbeit für das Öko-Institut und all den ehrenamtlichen Engagements von Hahn für diverse Bürgerinitiativen.

Unter Hahn und seinem Kollegen Michael Sailer avancierte die Dependance des Freiburger Öko-Instituts in Darmstadt zur ersten Adresse für wissenschaftlichen Beistand in der Auseinandersetzung mit der Atom- und Plutoniumindustrie – auch für diverse hessische Landesregierungen, die aus der Plutoniumwirtschaft aussteigen wollten.

Jetzt ist Hahn also Boss der GRS und berät die Bundesregierung bei der „Richtlinienerstellung im Nuklearbereich“, wie es in den Statuten der GRS heißt. Vielleicht wird jetzt schneller ausgestiegen. Wenigstens in Philippsburg und in Biblis, wo es eklatante Sicherheitsmängel gibt. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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