: Taliban geben Kandahar auf
Mullah Omar will Taliban-Hochburg Kandahar an Stammesfürsten übergeben. Kämpfe um Bergfestung Tora Bora, das mutmaßliche Versteck von Bin Laden, nehmen an Heftigkeit zu
ISLAMABAD rtr/dpa ■ Nach wochenlangen Angriffen der US-Luftwaffe und oppositioneller Truppen wollen die Taliban nach eigenen Angaben ihre letzte Hochburg, Kandahar, aufgeben. Der ehemalige Gesandte der Taliban in Pakistan, Mullah Abdul Salam Saif, sagte gestern, die Taliban hätten mit dem designierten Chef der Übergangsregierung, Hamid Karsai, vereinbart, sich zu ergeben. Die Taliban würden ihre Waffen am Freitag an Mullah Nakibullah als Vertreter der Stammesältesten übergeben. Dem Anführer der Taliban, Mullah Mohammed Omar, werde zugesagt, „in Würde zu leben“.
Der Paschtune Mullah Nakibullah war Anfang der Neunzigerjahre Militärkommandeur von Kandahar und ist ein Anhänger des Nordallianz-Generals und Expräsidenten Burhanuddin Rabbani. Nach einem Attentat auf ihn verließ er das Land und lebt seitdem in Islamabad.
In Kandahar sind seit Tagen vermutlich mehrere tausend Taliban-Kämpfer und viele Al-Qaida-Terroristen eingekesselt. Die Stadt ist durch US-Luftangriffe bereits schwer zerstört. In der Nähe warten 1.000 amerikanische Elitesoldaten auf einen Einsatzbefehl. Kandahar gilt als Hochburg der Taliban.
Vertreter Omars hatten sich bereits am Vortag mit Karsai zu Gesprächen über Kandahar getroffen. Karsais Milizen kämpfen seit Tagen um die Kontrolle des Flughafens vor der Stadt.
Die USA wandten sich unterdessen strikt gegen eine Amnestie für Omar, dem sie Unterstützung des Terrorismus vorwerfen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte am Donnerstag in Washington, die USA würden keiner Vereinbarung zwischen den afghanischen Kriegsparteien zustimmen, die es Omar erlaube, frei zu leben. Ziel der USA sei es, alle führenden Köpfe der Taliban und des Terrornetzwerks al-Qaida vor Gericht zu bringen.
Die Kämpfe um die Bergfestung Tora Bora im Osten Afghanistans, in der Ussama Bin Laden vermutet wird, sind nach wie vor heftig. Vorrückende Einheiten der Anti-Taliban-Allianz stießen eigenen Angaben zufolge auf heftigen Widerstand von Kämpfern der al-Qaida. Die Anti-Taliban-Einheiten könnten sich trotz US-Luftunterstützung „nur Meter für Meter vorkämpfen“, berichtete ein CNN-Korrespondent. Sie hätten mehrere Tote zu beklagen. Die Festung verfügt über ein ausgedehntes System von Höhlen und Tunnelanlagen und gilt als schwer einnehmbar.
Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind bei Tora Bora in den vergangenen Tagen mindestens 80 Menschen getötet und 50 weitere verletzt worden. Darunter seien viele Frauen und Kinder.
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