: „Diese Schrift steht für deutsche Sprache“
Wie Island und Grönland einmal von der Weltkarte verschwanden: Auf einer Briefmarke des Goethe-Instituts fehlen die beiden skandinavischen Länder, dagegen regt sich in Reykjavík Protest. Ein Interview mit Gestalterin Irmgard Hesse von der Firma „Zeichen und Wunder“ über das umstrittene Postsiegel
Interview WOLFGANG MÜLLER
taz: Guten Tag, Frau Hesse. Ich recherchiere über Briefmarkendesign und da ist mir zufällig die Marke „Goethe-Institute“ in die Hände gefallen . . . Ist das die erste Marke, die Sie für die Deutsche Bundespost entworfen haben?
Irmgard Hesse: Nein, davor gab es die Marke „Keine Gewalt gegen Frauen!“, dann die zum Todesjahr von Johann Sebastian Bach, vom Landesfrauenverband und zu Sepp Herberger . . .
Kann man denn davon leben, vom Briefmarkendesign?
Nein, eigentlich nicht. Also, es gibt eine Ausschreibung und die ersten zehn prämierten Entwürfe bekommen ein Honorar.
Wie viel? Sie müssen jetzt aber keine Zahlen nennen, wenn Sie nicht möchten.
Es gibt noch ein extra Preisgeld, wenn man aus dem Wettbewerb als Sieger hervorgeht.
Das ist also ein offener Wettbewerb?
Ja, der wird ausgeschrieben, aber er richtet sich an ausgewählte Designer.
Gibt es da irgendwelche Motivvorgaben durch die Post oder durch das Goethe-Institut?
Das ist ja das Schöne am Thema. Es gibt zwar einige Formatvorgaben, aber sonst ist die Gestaltung ganz frei.
Warum haben Sie für die Goethe-Instituts-Marke diese Lautschrift in Schwarzrotgold gewählt?
Na ja, weil ich der Meinung bin, dass das Goethe-Institut ja gerade über Sprache seinen Schwerpunkt hat. Diese Schrift steht als Symbol für deutsche Sprache. Es geht darum, dass die Goethe-Institute die deutsche Sprache in der Welt vertreten.
Haben Sie schon davon gehört, dass es in Reykjavík Proteste wegen dieser Marke gab?
Proteste?
Ja, der Buchhändler Eysteinn Traustasson und der Altnordist Marteinn Sigurdsson fordern das Einstampfen dieser Briefmarke, weil Island und Grönland dort einfach weggelassen wurden. Sie haben sogar Unterschriften gesammelt, um eine Neuauflage zu erreichen.
Also, die Karte hat schon so existiert, wie ich sie verwendet habe. Da ist gar nichts gelöscht worden.
Woher stammt denn diese Weltkarte ohne Island?
Daran kann ich mich nicht erinnern. Also, das weiß ich nicht mehr. Aber es handelt sich um eine bereits existierende Karte.
Sie haben also nichts daran verändert?
Nein, ich habe nichts gelöscht oder weggemacht. Aber die Weltkarte soll ja auch mehr für die Welt stehen, ganz allgemein und nicht für ein spezielles Land. Vielleicht lag das zu weit nördlich und ist deshalb nicht auf der Karte?
Nein, das kann nicht sein. Island und Grönland müssten direkt unter dem Schriftzug „Goethe-Institute“ liegen. Und an der Größe kann es auch nicht liegen. Die nordsibirische Insel Koljugew ist beispielsweise auf der Marke, aber die ist nur 5.259 Quadratkilometer groß – also zwanzigmal kleiner als Island.
Das gibt es aber öfter, dass solche Dinge geschehen, die passieren ohne böse Absicht.
Aber Island ist doch das Mekka der Germanisten, Altnordisten und Sprachforscher. Wenn es um deutsche Sprachkultur geht, ist dieses Land eigentlich unverzichtbar.
Das kann ich jetzt auch nicht sagen, was es für Gründe hat, dass es nicht auf der Karte ist.
Auch auf den ersten Entwürfen der Euroscheine fehlte Island. Das hat die Notenbank in Frankfurt dann aber nach heftigen Protesten aus Island korrigiert. Ist denn überhaupt niemandem aufgefallen, dass Island auf der Goethe-Instituts-Marke fehlt?
Nein, niemand. Über den Entwurf entscheidet ja eine Jury. Der ausgewählte Entwurf wird dann noch mal vom Ministerium geprüft.
Das Goethe-Institut ist also nicht direkt beteiligt. Wer schreibt denn den Wettbewerb aus?
Das Finanzministerium.
Also der Herr Eichel?
Ja, das Finanzminsterium hat eher damit zu tun als die Post.
Aber Sie können mir sicher bestätigen, dass es keinen besonderen Grund gibt, dass Island auf der Briefmarke fehlt?
Nein, dafür gibt es keinen speziellen Grund.
Waren Sie selbst schon mal in Island?
Ja, auf einer Nordlandreise vor ungefähr fünf Jahren.
Und, hat es Ihnen gefallen?
Doch, es hat mir gut gefallen, wem gefällt Island nicht? Es ist ein ungewöhnliches Land.
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